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CD der Woche: Marillion - Somewhere Else
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CD der Woche: Marillion - Somewhere Else
Marbles!!! 2004 zogen meine Lieblinge alle Register, erschufen eines der eindrucksvollsten Alben aller Zeiten. Der Opener "The invisible Man" begleitet mich seither durch unzählige Nächte ohne Schlaf. "Neverland" bringt am Ende die Befreiung, Erlösung, öffnet alle Augenwasser-Schleusen. Zwischen diesen Monumenten ergiesst sich ein Füllhorn, welches mich auch nach hunderten von Hörorgasmen immer wieder in Glückseligkeit versetzt. Schwebend auf der "Ocean Cloud", der massiven, mittleren Säule dieses unglaublichen Rausches. Dabei war ich bereits 2001 der festen Überzeugung, Marillion hätten mit "Anoraknophobia" schon das Referenzwerk für das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends erschaffen.
Gewiss wurde meine Unruhe immer grösser, je näher der Veröffentlichungstermin des neuen Werkes "Somewhere Else" rückte. Die Versuchung auf "Vorab-Hörproben" zuzugreifen baute sich zum gigantischen Ungetüm auf. Los, los Blapi, tu es! Warte nicht bis zum April 2007. Lausche den lieblichen Klängen deiner Götter! Es war schwer, aber letztlich siegte doch der Wille über die Gier. Ich wollte diesen heiligen Moment nicht entweihen, dieses Erlebnis ein neues Album "richtig" zu hören. Mit freudiger Erregung im Booklet blättern, die fantastischen Texte des Herrn Hogarth auf mich wirken lassen. Nach jedem Ton lechzen, den Gott Rothery seiner Klampfe entlockt. Aufsaugen und aufgesaugt werden. Das Blap goes to outer Space.
Zwischenfrage: Alter!? Du hast doch Moos an der Tanne! Was schreibst du dir für einen pathetischen Salat mit Algengrütze zusammen???
...und??? Les halt nicht weiter, ausgebuffter Verfechter der Coolness! Ich bin gerne Fanboy!
Wer den Werdegang der Marillos ein wenig verfolgt hat, darf sich einer Sache gewiss sein: Kein Album klingt wie sein Vorgänger. Auf ein fast poppiges Werk wie "Holidays in Eden" (1991), folgte jenes legendäre, tonnenschwere, düstere Konzept-Album namens "Brave" (1994). Die Liste der Überraschungen liesse sich beliebig fortsetzen. Dieser Mut, diese Kreativität ist umso höher zu bewerten wenn man sich vor Augen (Ohren) führt, dass es seit dem Einstieg von Sänger Steve Hogarth keinerlei Rotation im Personal-Karussell gab. Dieser Einstand, mit der schönen Scheibe Seasons End (1989), liegt immerhin bereits 18 Jahre zurück.
Nun aber zum Kern meines Geschwurbels: Somewhere Else! Zunächst fällt beim Betrachten der Tracklist auf: Es gibt diesmal keinen Song mit einer Spieldauer jenseits der zehn Minuten. Schade! Schade, das war mein erster Gedanke, denn ich habe ein Faible für ausufernde Songs. Besonders wenn diese so erstklassig sind, wie es die Longtracks von Marillion immer sind. Doch nach einigen Durchläufen ist offensichtlich: Die kompaktere Spieldauer verhindert nicht grossartige, tiefgehende Momente!
"Other Half" eröffnet das Album. Die Last des Wartens fällt von meinen Schultern. Endlich, endlich wieder neuer Stoff für den Marillon-Junkie. Der Opener kommt zunächst recht flott, frisch und rockig daher.
Downwards into blue sky
Re-entering the earth
Comets tail behind me
Ja, ja, ja!!! Genauso fühlt sich dieses Lied an. Nach gut zwei Minuten lässt Mr. Rothery sein erstes, kurzes Solo vom Stapel und ich schwebe im siebten Marillion-Himmel. Jeder Ton aus Rothers Gitarre schneidet ein Stück der unzähligen Verkrustungen aus meiner Seele. Der Text ist offensichtlich eine Verbeugung vor Mr. Steve Hogarths neuer Lebensgefährtin. Du wirst diese Zeilen nie lesen, Steve. Aber der alte, ein wenig bekloppte Fan aus Germany wünscht euch von ganzem Herzen alles Gute! Weiter geht es mit "See it like a Baby". Hier fällt sofort das packende Spiel von Basszwerg Trewavas auf. Kaum grösser als ein Untertischgerät, aber an seinem Instrument einer der überzeugendsten Vertreter seiner Zunft. "See it like a Baby" ist ein regelrecht fröhlicher Pop Song. Den "ernsthaften" Progger mag dies verstören, den aufgeschlossenen Hörer erfreut es. Hier wäre der Einfluss einer grossen Plattenfirma hilfreich. Der Track wäre ein einwandfreier Top Ten Hit, meilenweit oberhalb peinlicher Flachheiten trohnend! Nach diesem munteren, lebhaften Auftakt, wird es nun mit "Thankyou whoever you are" besinnlicher. Verträumt, ein wenig bittersüss. Ein Mensch der nach einer gescheiterten Beziehung, die Hoffnung auf ein neues Glück nicht aufgegeben hat!? Eine Art Warteschleife zwischen zwei Welten, garniert mit schönen Keyboards und Rothers unvergleichbarer Gitarre. Aus dieser besinnlichen Stimmung reisst uns "Most Toys" mit Nachdruck heraus. Noch kompakter als "See it like a Baby" und vor allem weitaus mehr in Richtung Rock tendierend. Der Text beinhaltet eine simple und doch zutiefst wahrhafte Aussage:
He who dies with the most toys....
is still dead.
Nach diesem rockigen, kessen Intermezzo ist es dann soweit. Der ersehnte, epische, unglaubliche Übersong taucht am Horizont auf! Diesmal allerdings auf knappe acht Minuten konzentriert. Die Essenz aus Schönheit, Melancholie, Atmosphäre, grossen Gefühlen. Die erneut perfekte Verschmelzung eines zutiefst berühenden Textes mit unglaublich intensiver Musik, genau dies eröffnet der Titeltrack "Somewhere Else":
Woke up in a spaceship of shimmering gold
Tutenkhamen sleeping
Shoulda left him alone
Floating round in Orion
Arrow pointing to heaven
Between all the planets
Out in the cold
Die Bilder, welche beim Hören vor meinem geistigen Auge zu Leben erwachen sind unbeschreiblich. Diese unglaubliche Dichte, die Verlorenheit weit draussen, abseits von allen anderen Individuen. Der finale musikalische und lyrische Ausbruch. Mir fehlen an dieser Stelle die Worte. Marschbefehl: Am Abend die Scheibe in den Player, ein gutes Glas Wein oder Whisky im Glas, Kerzenlicht. Perfekt. Sollte unser irdisches Dasein tatsächlich einen Sinn ergeben, in solchen Momenten wird er spürbar, fast greifbar! Doch die Band lässt uns nach "Somewhere Else" nicht von der Leine. "A Voice from the Past" scheint die Erde ein wenig näher rücken, lyrisch wird Herr Hogarth konkreter, weniger abstrakt. Der Song lässt uns nach und nach tatsächlich wieder in die Erdatmosphäre eintreten, sanft landen. Das Erwachen fällt ebenfalls sehr sanftmütig aus. "No such Thing" ist eine zarte, psychedelische Sommerwiese, doch je mehr wir diesen Moment geniessen möchten, umso beunruhigendere Gedanken dringen immer tiefer in unser Bewusstsein vor.
"The Wound" schleicht sich sich nicht zart wie "No such Thing" an den Hörer heran, sondern zeigt sich gleich zu Beginn energischer, fordernder. Der schmerzhafte, bohrende Zwilling von ""Thankyou whoever you are". "The last Century for Man" könnte man als Fortsetzung von "This is the 21st Century" betrachten (2001 aus "Anoraknophobia") Doch wo bei "This is..." die Furcht von einem anmutigen Silberstreif durchzogen, gebannt wurde, herrscht bei "The last Century for Man" eindeutig Resignation mit einer Prise bitterer Ironie:
God bless America, I mean it
God bless the UK
God bless our children
And God help us all
Vielleicht wäre dieser Song ein zu zynischer Schlusspunkt für "Somewhere Else" gewesen. Schliesslich wird das Album nicht von Ironie, Zynismus und Bitterkeit dominiert. Man findet ebenfalls Gefühle in allen Farben eines leuchtenden Regenbogens. Deutlich ist dem Album anzumerken, dass Steve Hogarths Texte während einer Zeit des privaten Umbruchs entstanden sind. So setzt "Faith" dann einen milden Schlusspunkt, eine hoffnungsvolle Fussnote zum Ausklang von "Somewhere Else".
Marillion haben ihrer Diskographie ein weiteres Schätzchen hinzugefügt. Nach den beiden letzen, phantastischen Alben "Anoraknophobia" (2001) und "Marbles" (2004), hat "Somewhere Else" ein schweres, mächtiges Erbe anzutreten. Die moderne Frische von "Anoraknophobia" ist hier nicht derart offensichtlich vorhanden. Die gigantische Tiefe und Erhabenheit welche bei "Marbles" jederzeit präsent ist, offenbart sich hier nur dem aufmerksamen Hörer. Ein "gemeines" Album. Was zunächst "kleiner" und "simpler" als die Vorgänger erscheint, muss sich härter und achtsamer erarbeitet werden. "Somewhere Else" wuchert nicht mit seinen Pfunden. Doch wer bereit ist sich dem Album zu öffnen, wird reichlich dafür belohnt werden.
Lieber Steve H, Steve R, Pete, Ian und Mark. Ich danke euch für dieses schöne Album. Da ihr das nächste Album bereits für den Frühling 2008 angekündigt habt, freue ich mich auf weitere, wundervolle Momente mit eurer einzigartigen Musik.
Weitere Empfehlungen:
Script for a Jester's Tear (1983) - Das Debut. Zwei grandiose Songs rahmen weitere gute bis sehr gute Stücke ein. Hier sind noch sehr deutliche Einflüsse der frühen Genesis spürbar.
Misplaced Childhood (1985) - Album Nummer 3. Der kommerzielle Durchbruch. "Kayleigh" kennt vermutlich jeder. Ein schönes Konzeptwerk.
Clutching at Straws (1987) - Album Nummer 4. Das letzte Studiowerk mit Sänger Fish. Mein Lieblingswerk der frühen Phase. Musikalisch hatte man sich freigeschwommen. Fish war noch gut bei Stimme und verfasste tolle Lyrics.
Seasons End (1989) - Der Einstand von Steve Hogarth. Musikalisch noch im Neoprog verwurzelt, zeigt man sich bereits neuen Klängen aufgeschlossen.
Brave (1994) - Ein mächtiges, forderndes Konzeptwerk. Finster und intensiv.
Afraid of Sunlight (1995) - Ein Meilenstein. Braucht Zeit zur Entfaltung, aber dann unverzichtbar!
Radiation (1998) - Kein Album für Perlentaucher. Ein Album für Liebhaber ungeschliffener Edelsteine. Rauh, kantig, sperrig. Im richtigen Licht betrachtet von faszinierender Schönheit. Laut, zart, ruppig, zerbrechlich und facettenreich.
Anoraknophobia (2001) - Nach dem soliden aber nicht überragenden "Marillion.com" (1999), startet man mit einem Hammer ins neue Jahrtausend. Sehr abwechslungsreich, sehr mutig. Frisch, modern und mit augenzwinkenden Blicken in die Vergangenheit. Hier wird eindrucksvoll klar, dass sich Marillion längst jeglicher Schublade souverän entziehen!
Marbles (2004) - Eine Doppel-CD wie ein Monolith. Riesig, faszinierend und von unbeschreiblicher Intensität.
Gewiss wurde meine Unruhe immer grösser, je näher der Veröffentlichungstermin des neuen Werkes "Somewhere Else" rückte. Die Versuchung auf "Vorab-Hörproben" zuzugreifen baute sich zum gigantischen Ungetüm auf. Los, los Blapi, tu es! Warte nicht bis zum April 2007. Lausche den lieblichen Klängen deiner Götter! Es war schwer, aber letztlich siegte doch der Wille über die Gier. Ich wollte diesen heiligen Moment nicht entweihen, dieses Erlebnis ein neues Album "richtig" zu hören. Mit freudiger Erregung im Booklet blättern, die fantastischen Texte des Herrn Hogarth auf mich wirken lassen. Nach jedem Ton lechzen, den Gott Rothery seiner Klampfe entlockt. Aufsaugen und aufgesaugt werden. Das Blap goes to outer Space.
Zwischenfrage: Alter!? Du hast doch Moos an der Tanne! Was schreibst du dir für einen pathetischen Salat mit Algengrütze zusammen???
...und??? Les halt nicht weiter, ausgebuffter Verfechter der Coolness! Ich bin gerne Fanboy!
Wer den Werdegang der Marillos ein wenig verfolgt hat, darf sich einer Sache gewiss sein: Kein Album klingt wie sein Vorgänger. Auf ein fast poppiges Werk wie "Holidays in Eden" (1991), folgte jenes legendäre, tonnenschwere, düstere Konzept-Album namens "Brave" (1994). Die Liste der Überraschungen liesse sich beliebig fortsetzen. Dieser Mut, diese Kreativität ist umso höher zu bewerten wenn man sich vor Augen (Ohren) führt, dass es seit dem Einstieg von Sänger Steve Hogarth keinerlei Rotation im Personal-Karussell gab. Dieser Einstand, mit der schönen Scheibe Seasons End (1989), liegt immerhin bereits 18 Jahre zurück.
Nun aber zum Kern meines Geschwurbels: Somewhere Else! Zunächst fällt beim Betrachten der Tracklist auf: Es gibt diesmal keinen Song mit einer Spieldauer jenseits der zehn Minuten. Schade! Schade, das war mein erster Gedanke, denn ich habe ein Faible für ausufernde Songs. Besonders wenn diese so erstklassig sind, wie es die Longtracks von Marillion immer sind. Doch nach einigen Durchläufen ist offensichtlich: Die kompaktere Spieldauer verhindert nicht grossartige, tiefgehende Momente!
"Other Half" eröffnet das Album. Die Last des Wartens fällt von meinen Schultern. Endlich, endlich wieder neuer Stoff für den Marillon-Junkie. Der Opener kommt zunächst recht flott, frisch und rockig daher.
Downwards into blue sky
Re-entering the earth
Comets tail behind me
Ja, ja, ja!!! Genauso fühlt sich dieses Lied an. Nach gut zwei Minuten lässt Mr. Rothery sein erstes, kurzes Solo vom Stapel und ich schwebe im siebten Marillion-Himmel. Jeder Ton aus Rothers Gitarre schneidet ein Stück der unzähligen Verkrustungen aus meiner Seele. Der Text ist offensichtlich eine Verbeugung vor Mr. Steve Hogarths neuer Lebensgefährtin. Du wirst diese Zeilen nie lesen, Steve. Aber der alte, ein wenig bekloppte Fan aus Germany wünscht euch von ganzem Herzen alles Gute! Weiter geht es mit "See it like a Baby". Hier fällt sofort das packende Spiel von Basszwerg Trewavas auf. Kaum grösser als ein Untertischgerät, aber an seinem Instrument einer der überzeugendsten Vertreter seiner Zunft. "See it like a Baby" ist ein regelrecht fröhlicher Pop Song. Den "ernsthaften" Progger mag dies verstören, den aufgeschlossenen Hörer erfreut es. Hier wäre der Einfluss einer grossen Plattenfirma hilfreich. Der Track wäre ein einwandfreier Top Ten Hit, meilenweit oberhalb peinlicher Flachheiten trohnend! Nach diesem munteren, lebhaften Auftakt, wird es nun mit "Thankyou whoever you are" besinnlicher. Verträumt, ein wenig bittersüss. Ein Mensch der nach einer gescheiterten Beziehung, die Hoffnung auf ein neues Glück nicht aufgegeben hat!? Eine Art Warteschleife zwischen zwei Welten, garniert mit schönen Keyboards und Rothers unvergleichbarer Gitarre. Aus dieser besinnlichen Stimmung reisst uns "Most Toys" mit Nachdruck heraus. Noch kompakter als "See it like a Baby" und vor allem weitaus mehr in Richtung Rock tendierend. Der Text beinhaltet eine simple und doch zutiefst wahrhafte Aussage:
He who dies with the most toys....
is still dead.
Nach diesem rockigen, kessen Intermezzo ist es dann soweit. Der ersehnte, epische, unglaubliche Übersong taucht am Horizont auf! Diesmal allerdings auf knappe acht Minuten konzentriert. Die Essenz aus Schönheit, Melancholie, Atmosphäre, grossen Gefühlen. Die erneut perfekte Verschmelzung eines zutiefst berühenden Textes mit unglaublich intensiver Musik, genau dies eröffnet der Titeltrack "Somewhere Else":
Woke up in a spaceship of shimmering gold
Tutenkhamen sleeping
Shoulda left him alone
Floating round in Orion
Arrow pointing to heaven
Between all the planets
Out in the cold
Die Bilder, welche beim Hören vor meinem geistigen Auge zu Leben erwachen sind unbeschreiblich. Diese unglaubliche Dichte, die Verlorenheit weit draussen, abseits von allen anderen Individuen. Der finale musikalische und lyrische Ausbruch. Mir fehlen an dieser Stelle die Worte. Marschbefehl: Am Abend die Scheibe in den Player, ein gutes Glas Wein oder Whisky im Glas, Kerzenlicht. Perfekt. Sollte unser irdisches Dasein tatsächlich einen Sinn ergeben, in solchen Momenten wird er spürbar, fast greifbar! Doch die Band lässt uns nach "Somewhere Else" nicht von der Leine. "A Voice from the Past" scheint die Erde ein wenig näher rücken, lyrisch wird Herr Hogarth konkreter, weniger abstrakt. Der Song lässt uns nach und nach tatsächlich wieder in die Erdatmosphäre eintreten, sanft landen. Das Erwachen fällt ebenfalls sehr sanftmütig aus. "No such Thing" ist eine zarte, psychedelische Sommerwiese, doch je mehr wir diesen Moment geniessen möchten, umso beunruhigendere Gedanken dringen immer tiefer in unser Bewusstsein vor.
"The Wound" schleicht sich sich nicht zart wie "No such Thing" an den Hörer heran, sondern zeigt sich gleich zu Beginn energischer, fordernder. Der schmerzhafte, bohrende Zwilling von ""Thankyou whoever you are". "The last Century for Man" könnte man als Fortsetzung von "This is the 21st Century" betrachten (2001 aus "Anoraknophobia") Doch wo bei "This is..." die Furcht von einem anmutigen Silberstreif durchzogen, gebannt wurde, herrscht bei "The last Century for Man" eindeutig Resignation mit einer Prise bitterer Ironie:
God bless America, I mean it
God bless the UK
God bless our children
And God help us all
Vielleicht wäre dieser Song ein zu zynischer Schlusspunkt für "Somewhere Else" gewesen. Schliesslich wird das Album nicht von Ironie, Zynismus und Bitterkeit dominiert. Man findet ebenfalls Gefühle in allen Farben eines leuchtenden Regenbogens. Deutlich ist dem Album anzumerken, dass Steve Hogarths Texte während einer Zeit des privaten Umbruchs entstanden sind. So setzt "Faith" dann einen milden Schlusspunkt, eine hoffnungsvolle Fussnote zum Ausklang von "Somewhere Else".
Marillion haben ihrer Diskographie ein weiteres Schätzchen hinzugefügt. Nach den beiden letzen, phantastischen Alben "Anoraknophobia" (2001) und "Marbles" (2004), hat "Somewhere Else" ein schweres, mächtiges Erbe anzutreten. Die moderne Frische von "Anoraknophobia" ist hier nicht derart offensichtlich vorhanden. Die gigantische Tiefe und Erhabenheit welche bei "Marbles" jederzeit präsent ist, offenbart sich hier nur dem aufmerksamen Hörer. Ein "gemeines" Album. Was zunächst "kleiner" und "simpler" als die Vorgänger erscheint, muss sich härter und achtsamer erarbeitet werden. "Somewhere Else" wuchert nicht mit seinen Pfunden. Doch wer bereit ist sich dem Album zu öffnen, wird reichlich dafür belohnt werden.
Lieber Steve H, Steve R, Pete, Ian und Mark. Ich danke euch für dieses schöne Album. Da ihr das nächste Album bereits für den Frühling 2008 angekündigt habt, freue ich mich auf weitere, wundervolle Momente mit eurer einzigartigen Musik.
Weitere Empfehlungen:
Script for a Jester's Tear (1983) - Das Debut. Zwei grandiose Songs rahmen weitere gute bis sehr gute Stücke ein. Hier sind noch sehr deutliche Einflüsse der frühen Genesis spürbar.
Misplaced Childhood (1985) - Album Nummer 3. Der kommerzielle Durchbruch. "Kayleigh" kennt vermutlich jeder. Ein schönes Konzeptwerk.
Clutching at Straws (1987) - Album Nummer 4. Das letzte Studiowerk mit Sänger Fish. Mein Lieblingswerk der frühen Phase. Musikalisch hatte man sich freigeschwommen. Fish war noch gut bei Stimme und verfasste tolle Lyrics.
Seasons End (1989) - Der Einstand von Steve Hogarth. Musikalisch noch im Neoprog verwurzelt, zeigt man sich bereits neuen Klängen aufgeschlossen.
Brave (1994) - Ein mächtiges, forderndes Konzeptwerk. Finster und intensiv.
Afraid of Sunlight (1995) - Ein Meilenstein. Braucht Zeit zur Entfaltung, aber dann unverzichtbar!
Radiation (1998) - Kein Album für Perlentaucher. Ein Album für Liebhaber ungeschliffener Edelsteine. Rauh, kantig, sperrig. Im richtigen Licht betrachtet von faszinierender Schönheit. Laut, zart, ruppig, zerbrechlich und facettenreich.
Anoraknophobia (2001) - Nach dem soliden aber nicht überragenden "Marillion.com" (1999), startet man mit einem Hammer ins neue Jahrtausend. Sehr abwechslungsreich, sehr mutig. Frisch, modern und mit augenzwinkenden Blicken in die Vergangenheit. Hier wird eindrucksvoll klar, dass sich Marillion längst jeglicher Schublade souverän entziehen!
Marbles (2004) - Eine Doppel-CD wie ein Monolith. Riesig, faszinierend und von unbeschreiblicher Intensität.
Ich bin zwar ein Radikaler, aber mehr noch bin ich ein Lüstling! (Lady Snowblood 2: Love Song of Vengeance)
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Wieder schön geschrieben, Claus. Beim lesen ist man geneigt, ne Kerze aufzustellen und sich gleichzeitg was leckeres an Whisky zu gönnen.
Ich habe mich mittlerweile mit der Cd angefreundet, allerdings habe ich festgestellt, spät abends am PC hörend, ein wenig einlullend. Also am Besten tagsüber anhören, ist für mich die Erkenntnis.
Ich habe mich mittlerweile mit der Cd angefreundet, allerdings habe ich festgestellt, spät abends am PC hörend, ein wenig einlullend. Also am Besten tagsüber anhören, ist für mich die Erkenntnis.
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Nolli hat geschrieben:
1. eine vollkommen unterschätze form des musik-erlebens!
2. was ich schon bei (zum teil frickeligsten) stoff eingeschlafen und auch wieder aufgewacht bin ist kaum zu glauben...
schön wars immer
So ist es! Ich kann bei NICHTS besser entspannen! Dabei muss mir die Musik einfach gefallen, egal ob ruhig oder eher auf Krawall gebürstet!
Öhhm... Achja, das war die Antwort zu Punkt 1 und 2.
Ich bin zwar ein Radikaler, aber mehr noch bin ich ein Lüstling! (Lady Snowblood 2: Love Song of Vengeance)
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Am Donnerstag hab' ich Marillion live gesehen.
Das erste mal übrigens - und war beeindruckt. Saugute Performance!
Besonders Hogarth war top drauf - noch selten eine so starke Gesangsleistung auf der Bühne gesehen.
Nervig ist allerdings seine etwas tuntige Art, aber geschenkt!
Beim ersten Titel waren sie noch ein wenig auf der Suche nach dem Timing ... ... und Mr. Rothery hat das erste Solo versiebt, aber danach war es über jeden Zweifel erhaben!
Klasse.
Das erste mal übrigens - und war beeindruckt. Saugute Performance!
Besonders Hogarth war top drauf - noch selten eine so starke Gesangsleistung auf der Bühne gesehen.
Nervig ist allerdings seine etwas tuntige Art, aber geschenkt!
Beim ersten Titel waren sie noch ein wenig auf der Suche nach dem Timing ... ... und Mr. Rothery hat das erste Solo versiebt, aber danach war es über jeden Zweifel erhaben!
Klasse.
All nu
Hi Blap!
Hast den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen. Sehr genaue Beschreibung und ausführliche Kommentierung. Mich
erinnert das Album "gefühlsmäßig" an "This Strange Engine". In meinen Augen auch ein sehr gutes Album .
Hast den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen. Sehr genaue Beschreibung und ausführliche Kommentierung. Mich
erinnert das Album "gefühlsmäßig" an "This Strange Engine". In meinen Augen auch ein sehr gutes Album .
[b]Man grübelt ja oft mal über sowas nach,
aber die meisten schieben es ihr Leben lang,
sogar weit über die Pensionsgrenze hinaus, vor sich her.
Bei mir wurde es ernst, eines Morgens, mitten im Leben.[/b]
aber die meisten schieben es ihr Leben lang,
sogar weit über die Pensionsgrenze hinaus, vor sich her.
Bei mir wurde es ernst, eines Morgens, mitten im Leben.[/b]