Linearbevorzuger hat geschrieben:
Ich nehme mal an, die Eingangsfrage war eher auf die Geräteseite gerichtet, also auf die Frage, ab wann etwas kein "gewöhnliches" Hifi mehr ist. Meine Einlassungen betrafen eigentlich nur den Begriff als solchen. Indes stehe ich nach wie vor zu der bereits geschilderten "dämliche Optik sieht high-endig aus"-Hypothese.
Absolut richtig und sinnvoll. Das Wort durch einen Fremdwort-Entschlüsselungs-Automaten jagen, kann jeder, um festzustellen, was es wörtlich heisst. Und dann ist auch schon Ende Diskussion, da langweilig.
Realistisch betrachtet bedeutet deshalb "audiophil" überhaupt nichts. Wenn das Wort in der Produktbeschreibung des Herstellers vorkommt, dann kann dieses Gerät genau nichts, was es ohne die "Audiophilie" nicht auch könnte. Das Gerät wird ja nicht fertig geplant, gebaut, und dann mit ein paar Audiophilitätissimus-Baugruppen prächtig frisiert und aufgedonnert.
Also gleich bei Punkt zwei einsteigen, dem mittels des Begriffs "audiophil" zu transportieren Gefühl, Erwartungshaltung, hin zum Kreis der Erlauchten, dem Otto-normal-nuBert-Hörer leider aussen vor zu bleiben haben.
Reagieren kann man darauf auf zwei extreme Weisen, und in jeder Zwischenform:
1. Standpunkt:
"Schade, das eine Gerät scheint nicht schlecht zu sein, der Hersteller schreibt aber 'audiophil' dran. Sowas kauf' ich aus Prinzip nicht. Am Ende betrügt der Händler noch dümmliche Kundschaft mit dem Begriff, und ich will sowas nicht unterstützen. Was ich mit dem Kauf täte, selbst wenn ich weiss, dass da gar nichts "audiophil" anderes drin ist. Es gibt natürlich auch einen ganzen Haufen von Geräten, die aus technischer Hinsicht einfach mordshageldämlich konstruiert sind, wo es der Hersteller aber versteht, es durch audiophiles Gesülze an den Blödmann zu bringen. Mit sowas hab ich schon lange fertig."
2. Standpunkt:
"Geil, da steht 'audiophil' dran und drauf. Einige Mitglieder im audiophilen Hörkreis Schwurblingen haben das Ding bereits getestet. Das MUSS ich haben. Wie sieht's auf'm Konto aus? Klar, solche Geräte kosten halt was. Aber he, man gönnt sich ja sonst nichts, und wer es nicht hören kann, nunja... man kann nicht jedem helfen. Vor allem nicht denen, die ein Messgerät bei sich haben. Das Gerät ist nämlich sogar nach Gehör konstruiert und abgestimmt."
Mischformen sind denkbar
Ich selber sehe mich schon verdammt nah bei 1). Aber immerhin, ich würd' einem Hersteller den Aufdruck "audiophil" noch verzeihen, wenn das Gerät technisch/messbar gut ist, hält, was es ansonsten verspricht (und das auch was realistisches ist), und der Aufdruck "audiophil" nur dazu dient, einen Teil der potentiellen Kundschaft nicht gleich zu vergraulen (s. audiophiler Hörkreis Schwurblingen über nuVero14). Natürlich, unter Umständen vergrault man einen anderen Teil. Ich finde alles "audiophil" angeschriebene erst mal verdächtig
"Audiophil" steht auch für ein Lebensfühl, und, ganz der eigenen Erwartungshaltung folgend, schubladisiere ich die Audiophilen gerne: Gutmütige, zu reiche alte Säcke, oder gutgläubige Hinterher-Renner, die dann auch noch sparen müssen, um sich einen unnützen Quark anzuschaffen. Darüber wird dann gerne mit gleichgesinnten gefachsimpelt (wie bei jedem Hobby), allerdings bei den Audiophilen (im Gegensatz z.B. zu wirklich technischen Hobbys) auf technisch unglaublich unbedarftem Niveau. Bei einigen Argumenten und Erläuterungen aus solchen Kreisen bekommt man ja Schreikrämpfe und wundert sich, wie die letzten 200Jahre Elektrotechnik dermassen an einem Menschen vorbeigegangen sein können.
Linearbevorzuger hat geschrieben:Der Name des Produkts hingegen darf neben Phantasieworten gerne auch den Titel einer berühmten Oper, Symphonie oder eines berühmten Musikers enthalten. Zusätze, gerne der Griechischen Mythologie o. ä. entliehen, schaden nicht. Ein richtiges High-End-Netzkabel könnte daher heißen "Xanturios Aida Omikron Mark III", der Hersteller "Polthammer & Claisen Klangmanufaktur". So, jetzt ist aber genug mit dem Schabernack!
Geil, das Xanturios Aida Omikron Mark III, der Nachfolger des geradezu legendären Xanturios Aida Epsilon Mark II mit dem abgrundtief schwärzesten, legendärsten Bass der High-End-Geschichte aus dem Hause Polthammer & Claisen Klangmanufaktur. Das MUSS ich einfach haben, ich bin schon gespannt, wie seidig zart es in den nochmals verbessert abgebildeten Mitten durchhörbarer geworden ist.