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Bundestagswahl 2013

Hier dreht es sich um (fast) alles...
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Genussmensch
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Re: Bundestagswahl 2013

Beitrag von Genussmensch »

horch! hat geschrieben:
Genussmensch hat geschrieben:Welche Schlussfolgerungen zieht nun der Liberalismus aus diesem Befund? Zum einen die bereits erwähnte Beschränkung auf möglichst allgemeine Regelungen, also das Absehen von interventionistischer, einzelfallorientierter Gesetzgebung, zum anderen die damit einhergehende Forderung, dass der Staat sich auf das absolut Notwendige beschränkt und den Selbstregulierungskräften weitgehenden Spielraum lässt.
Das ist ja alles schön und gut - und für sich gesehen könnte ich dem zustimmen. Aber: man darf es m.E. nicht für sich sehen.

Denn es wird hier eine der vielen Stellschrauben betrachtet und ausführlich diskutiert: das Ausmaß der staatlichen Regulierung, bzw. deren Allgemeinheit. Ersteres wäre eine quantitative Beschränkung, die noch nichts darüber aussagt, welche Regeln "erlaubt" sind und welche nicht; "Möglichst Allgemein" wird sicherlich sehr unterschiedlich ausgelegt werden - ich halte z.B. die unbedingte Forderung nach Nachhaltigkeit für sehr allgemein - wie sie konkret erreicht wird, ist in der Tat völlig egal, aber es muss eben sichergestellt sein, dass sie erreicht wird.

Wie gesagt, staatliche Regulierung ist eine Stellschraube - man kann sie rauf drehen, man kann sie runter drehen, beides wird kaum absehbare Auswirkungen haben. Wir kreieren ja nicht ein System auf der grünen Wiese - wir haben ein existierendes System, das mehr oder minder funktioniert, das sich in einem mehr oder weniger labilen Gleichgewicht befindet. Vom aktuellen Zustand die Stellschraube runter zu drehen, ist ebenso mit unabsehbaren Risiken verbunden, wie das rauf drehen. Man kann nicht einfach, nur weil das ein erstrebenswertes Ziel ist, die staatliche Regulierung quantitativ herunterfahren - dafür sind Abhängigkeiten zu komplex. Da dereguliert man an einer Stelle und muss dann an anderer Stelle zum Schutz von irgendwas eingreifen, sei das nun das "Geistige Eigentum", der "Leistungsschutz", der Wettbewerb oder was auch immer.

Die Forderung nach wenig Regulierung erinnert mich ein bisschen an den Parallelthread, in dem einige sich sehr viel Mühe geben, die Vorteile längerer Garantie zu begründen. Diese Vorteile sind unbestritten - aber es gibt eben andere Faktoren zu berücksichtigen. So ist das auch mit dem Ausmaß staatlicher Regulierung - natürlich, je weniger, desto besser, keine Frage. Aber letztlich ist das eine Diskussion um ein Phantom, letztlich geht es doch immer darum, ob eine bestimmte Regelung Sinn macht. Oder würdest du einer Regelung, die du ablehnst zustimmen, wenn im Gegenzug eine, die du für notwendig erachtest, abgeschafft wird - weil ja insgesamt nicht mehr reguliert wird? Insofern erscheint mir das Argument immer ideologisch begründet - die Auswirkungen einer konkreten Maßnahme können und sollten unabhängig von solchen Grundpositionen diskutiert werden, sonst besteht der Verdacht, dass sie nicht ernsthaft durchdacht sondern nur auf ihre Kompatibilität zur Grundposition überprüft wurden. Letzteres vereinfacht natürlich das Denken angesichts der ungeheuren Komplexität der Zusammenhänge enorm - wird aber der Realität nicht gerecht. Und gerade von unserer "Elite", von den gewählten Entscheidern über unsere Zukunft, würde ich gerne mehr erwarten können.

Insofern ist "staatliche Regulierung" eher eine virtuelle Stellschraube zur Denkvereinfachung. In der Realität geht es vielmehr um die vielen einzelnen staatlichen Regulierungen, die sowohl einzeln als auch im Verbund beurteilt werden müssen - deren Anzahl als Kenngröße aber m.E. keine Rolle spielt. Wie sich daraus eine Aussage zu den Handlungsspielräumen des einzelnen ableiten lässt sehe ich absolut nicht. Ein staalticher Eingriff kann selbstverständlich den Handlungsspielraum einzelner stark erweitern - Beispiel wäre das bedingungslose Grundeinkommen, das nebenbei auch hohe Anforderungen an die Verantwortung des einzelnen stellen würde.

Aussagen wie "Je weiter wir etwa den Sozialstaat ausbauen, umso weiter entlasten wir jeden einzelnen von moralischer Verantwortung für seine Mitmenschen." machen innerhalb des systemischen Denkens keinerlei Sinn, solange sie isoliert da stehen. Da wird ein eindimensionaler linearer Zusammenhang suggeriert, der sich in Realität allenfalls als ein Faktor von vielen entpuppt. Dem könnte man z.B. sofort diesen Faktor entgegensetzen: "Je weiter wir den Sozialstaat abbauen, desto weniger hat der einzelne die Möglichkeit, Verantwortung für andere zu übernehmen." Die Möglichkeit und der Wille, Verantwortung zu übernehmen hängt von sehr vielen Faktoren ab. Z.B. auch davon, welche Werte der Staat vermittelt. Wenn das, was der Staat (nicht) tut, bei den Menschen als Klima sozialer Kälte ankommt - woher soll dann ein Verantwortungsgefühl kommen? Da heißt es dann sehr schnell "So sind halt die Gesetze des Marktes". Ich halte es für einen schweren Denkfehler, aus einzelnen Faktoren, die eine Rolle spielen können, den einen entscheidenden Zusammenhang zu machen, aus dem man Schlussfolgerungen zieht. Das ist genau das Gegenteil von systemischen Denken, da der Löwenanteil von Faktoren und Rückkopplungen einfach ausgeblendet wird.

Auch bei der erwähnten Selbstregulierung vermute ich einen Denkfehler: Der Staat ist Bestandteil des Systems. Staatliche Regulierung ist keine Regulierung "von außen", staatliche Regulierung ist Bestandteil dieser Selbstregulierung, genauso wie es Änderungen daran wären. Änderungen an der staatlichen Regulierung müssen also aus dem System kommen - und das tun sie ja auch. Aber im System wirken eben auch noch eine immense Menge anderer Faktoren.
Ich hatte ja angekündigt, hierauf noch einmal antworten zu wollen. Da der Beitrag, auf den sich meine Antwort bezieht, nun schon wieder eine Weile zurückliegt, möge man mir das Vollzitat nachsehen.

Ich glaube nicht, dass staatliche Regulierung nur eine von vielen Stellschrauben ist, die man beliebig herauf- oder herunterdrehen kann, da die Auswirkungen ohnehin unabsehbar wären. Die Schlussfolgerung aus dieser Annahme wird ja sogleich gezogen: Jede staatliche Regulierung müsse für sich isoliert - unabhängig von Grundpositionen - betrachtet werden; alles andere sei eine realitätsferne und damit untaugliche Vereinfachung von Denkprozessen. Im Übrigen, so die Argumentation, sei der Rückschluss vom Ausmaß staatlicher Regulierung auf Handlungsspielräume des einzelnen verfehlt; das Beispiel des bedingungslosen Grundeinkommens wird als Beleg für die Erweiterung von Handlungsspielräumen durch staatliche Regulierung angeführt. Schließlich sei der Staat auch unverzichtbar für die Vermittlung von Werten, etwa den Wert des Verantwortungsbewusstseins.

Wie nicht anders zu erwarten, muss ich alledem widersprechen. Ich halte eine Grundposition hinsichtlich des erlaubten Maßes staatlicher Macht für unverzichtbar. In der Tat ist die Realität hochkomplex und in ihren Verästelungen für keinen Menschen und auch für keine Gruppe von Menschen, und seien sie die besten Experten der Welt, in Gänze erfassbar. Aus dieser notwendigen Begrenztheit menschlichen Wissens und notwendigen Begrenztheit menschlichen Planungsvermögens ziehe ich aber völlig andere Schlussfolgerungen. Ich halte es für die Grundkatastrophe des 20. Jahnhunderts, dass ordnungspolitische Grundprinzipien zugunsten "pragmatischer" Politik aufgegeben wurden, die eben nur noch Einzelmaßnahmen und die durch sie beabsichtigten Zwecke annimmt und insofern schrittweise auf eine Ausdehnung staatlicher Macht und Gewalt hinausläuft; das führt zur Vernichtung von Wohlstand und im schlimmsten Falle in die totalitäre Unfreiheit.

Mit dem klassischen Liberalismus bin ich deshalb der Überzeugung, dass es das Ziel aller Politik sein muss, den einzelnen Menschen die größtmögliche Freiheit zu belassen, ihr Wissen für ihre eigenen Zwecke einzusetzen. Diese Zwecke sind übrigens so unterschiedlich, wie Menschen eben sind - sie sind egoistisch oder altruistisch, moralisch hoch- oder auch tiefstehend, hochintellektuell oder trivial. Die Menschen müssen frei sein in dem Sinne, dass sie nicht dem willkürlichen Zwang eines anderen oder anderer Menschen unterworfen sind. Diese Grundposition, man nenne sie dogmatisch oder ideologisch, halte ich im Sinne eines "Glaubenssatzes" für unverzichtbar für ein Leben in Würde. Sie ist für mich in der Tat ein Wertekanon, ein Ausgangspunkt, von dem aus ich menschliche Gemeinschaften und ihre Organisation in Form des Staates beurteile und von dem aus ich meine politischen Überzeugungen ableite. Natürlich kann man diese Grundannahme teilen oder auch nicht. Sie entzieht sich der Beurteilung anhand der Kriterien von wahr oder falsch, eben weil sie ein Werturteil beinhaltet. Teilt man diese Grundannahme nicht, dann werden natürlich auch viele der Schlussfolgerungen, die hieraus zu ziehen sind und die ich hier in Thesenform dargelegt hatte, nicht akzeptiert werden können.

Ich denke allerdings, dass sehr gute Gründe dafür sprechen, diese Grundannahme zu teilen. Nur eine in dem beschriebenen Sinne freie Gesellschaft ist nämlich eine lebendige, dynamische Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der das menschliche Wissen sich vermehren kann, in der immer wieder neue Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen gefunden werden können, die sich den Menschen stellen. Freiheit ermöglicht die evolutionäre, also nicht geplante, sondern freie Fortentwicklung menschlicher Gesellschaften. Sie ermöglicht es, den bestmöglichen Gebrauch von dem auf alle Menschen verteilten Wissensschatz zu machen. Freiheit und freie Entwicklung sind das Urprinzip des Lebens selbst.

Wenn man diese Grundannahme teilt, dann stellt sich die Frage, inwiefern es möglich ist zu verhindern, dass die Freiheit des einen auf Kosten der Freiheit des anderen geht. Das ist in der Tat die zentrale Herausforderung menschlicher Gesellschaften und aus meiner Sicht die zentrale Rechtfertigung für die Existenz des Staates. Ich teile aus dem Beitrag von horch! ausdrücklich die Einschätzung, dass wir nicht an einem Reißbrett sitzen und uns einen idealen Staat malen können. Im Gegenteil: solche konstruktivistischen Experimente sind den Menschen noch nie gut bekommen. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass wir die Regeln, die ich vorschlagen möchte, aus geschichtlicher Erfahrung gewinnen können. Der klassische Liberalismus hat genau dies getan. Er hat versucht, die ungeschriebenen Regeln menschlichen Verhaltens, die sich in der menschlichen Geschichte bewährt haben, zu erkennen und zu benennen. Diese Regeln sind nun sämtlich darauf angelegt, allgemein zu sein, und zwar in dem Sinne allgemein, dass sie erstens für alle gelten (also alle vor dem Gesetz gleich sind) und zweitens den einzelnen nicht dem willkürlichen (also nicht vorhersehbaren) Zwang einzelner Machthaber unterwerfen. Anstelle der Herrschaft einzelner Machthaber (oder Gruppen von Machthabern) soll also die Herrschaft des Gesetzes treten (rule of law), ein Kernelement dessen, was wir als Rechtsstaatsprinzip in unserer Verfassung kennen. Indem ein Staat solche allgemeinen Spielregeln für alle garantiert und notfalls auch durchsetzt, ermöglicht er größtmögliche Freiheit für alle Beteiligten, die sich innerhalb der Regeln nach eigenem Gutdünken frei verhalten können. Solche allgemeinen, also für alle geltenden und vom Einzelfall losgelösten Spielregeln, sind unabdingbar, um menschliche Freiheit innerhalb einer menschlichen Gesellschaft zu gewährleisten.

Nun noch kurz zum Ausmaß staatlicher Regulierung. Auch dieses hängt mit der Grundannahme zusammen, dass es für eine menschliche Gesellschaft am besten ist, wenn alle Menschen von ihrem Wissen in größtmöglicher Freiheit Gebrauch machen können. Nur so können sich freie Austauschverhältnisse bilden, die für die jeweiligen Partner der Tauschgeschäfte vorteilhaft sind. Nur so kann sich größtmöglicher Wohlstand für alle bilden. An dieser Stelle müsste man natürlich noch einiges ausführen, was mir aus Zeitgründen nicht möglich ist. Allerdings meine ich schon, dass es gewisse empirische Belege dafür gibt, dass freie Wirtschaften weit größeren Wohlstand für alle - nicht nur für einige wenige Reiche - geschaffen haben als alle staatlich gelenkten, planwirtschaftlichen Systeme. Es ist doch einfach nicht wegzudiskutieren, dass mit dem Beginn der Industrialisierung eine Explosion der Bevölkerung eingesetzt hat, die zuvor niemals hätte ernährt werden können, und dass das allgemeine Wohlstandsniveau seitdem in ungeheurem Maße gewachsen ist. Wir erleben ähnliche Wohlstandsschübe in anderen Regionen der Welt.

Natürlich bedarf auch der wirtschaftliche Austausch fester Spielregeln, die für alle gleichermaßen gelten und vom Staat durchgesetzt werden. Und genau hiergegen wird immer wieder aufs gröbste verstoßen, indem nämlich die Politik zur Befriedigung bestimmter Klientelinteressen bestimmte Interventionen, also zweckgerichtete Einzelmaßnahmen ergreift, die nicht für alle gelten, also gegen den Grundsatz der Allgemeinheit verstoßen. In der Demokratie verschafft solches Verhalten Mehrheiten und ist deshalb weit verbreitet. Die Folgen für die anderen und die mittel- und langfristigen Folgen werden dabei ausgeblendet - entweder, weil sie unabsehbar sind, oder weil sie den Akteuren schlicht egal sind. Das Ausmaß dieser interventionistischen Rechtssetzung im Wirtschaftsleben ist in den letzten vier Jahrzehnten epidemisch gewachsen. Es droht, die wirtschaftliche Entwicklung zu ersticken und die finanzielle Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens zu überdehnen.

Indem man sich immer nur auf die einzelne Maßnahme und die mit ihnen verbundenen Zwecke beruft, also ordnungspolitische Grundprinzipien als dogmatisch, zu wenig komplex und lebensfremd zugunsten des Pragmatismus beiseiteschiebt, stärkt man diese Art der verfehlten "Wirtschaftspolitik". Leider ist das heute in der Politik und der veröffentlichten Meinung die nahezu einhellige Haltung. Die Erkenntnisse der Gründerväter, der sogenannten Neoliberalen wie zB Erhard, Eucken, Röpke und anderer, oder etwa der österreichischen Schule der Nationalökonomie mit von Mises, Hayek und anderen, sind heute leider nicht mehr handlungsleitend, ja sie werden von einer tendenziösen Medienlandschaft entweder gänzlich ignoriert, bestenfalls aber verächtlich gemacht. Die ökonomische Bildung der Menschen ist deshalb auf einem erschreckend niedrigen Niveau, und das Urteilsvermögen im Hinblick auf die Verheißungen unserer politischen Klasse befindet sich auf einem Tiefstand.

Zuletzt noch einige Bemerkungen zu Grundeinkommen und Wertevermittlung durch den Staat: Ein bedingungsloses Grundeinkommen, also ein staatliches Gehalt, das nicht aufgrund individueller Bedürftigkeit, sondern ohne jegliche Gegenleistung gezahlt wird, halte ich für einen der denkbar schwerwiegendsten Fehler, den sich unsere Gesellschaft erstaunlicherweise bislang noch nicht geleistet hat. Das Grundeinkommen gibt den untrennbaren und moralisch unverzichtbaren Zusammenhang zwischen eigener Arbeit und der Sicherung des eigenen Lebenserwerbs auf. Er degradiert den erwachsenen Menschen zu einem Empfänger staatlicher Almosen und führt ihn auf diese Weise in einen Zustand der Abhängigkeit von politischen Gnaden, mithin in einen Zustand der Unmündigkeit, die Kinder von Erwachsenen unterscheidet. Zu befürchten wäre eine weitere Zerstörung der für das gesellschaftliche Zusammenleben elementaren moralischen Werte wie Eigenverantwortung sowie der Erkenntnis, dass es erforderlich ist, sich anzustrengen, um Ziele zu erreichen, und dass es zutiefst unanständig ist, auf Kosten anderer zu leben, obwohl man für seinen eigenen Lebensunterhalt sorgen könnte. Es muss doch darum gehen, dass jeder, der arbeiten will, auch Arbeit findet. Hier müssen alle politischen Hürden beseitigt werden, die das derzeit verhindern. Zum Beispiel müssten die vielen Mindestlöhne, die allerorten eingeführt wurden, abgeschafft werden, wenn man wollte, dass die hiervon betroffenen Menschen, die jetzt keine Stelle mehr finden, wieder Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Das ist natürlich politisch nicht gewollt. Stattdessen werden wir jetzt aller Voraussicht nach - zur Belohnung - den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn bekommen, der dann von der Politik entsprechend festgesetzt wird. Und wohin die Entwicklung dieses Lohnes gehen wird, nämlich insbesondere vor Wahlen stetig nach oben, ist abzusehen. Und niemand mache sich vor, dass wir dadurch nicht Arbeitslosigkeit schaffen würden. Dass dem so sein wird, wissen alle Befürworter des Mindestlohns. Warum wären sie sonst so geizig? Warum nicht - statt 8,50 Euro - 10 Euro oder 20 Euro? Jedem ist klar, was die Folgen solcher Mindestlöhne wären. Einen Mindestlohn, der beschäftigungspolitisch neutral wäre, wird aber niemand fordern, denn damit wären bei Wahlen keine Stimmen zu kaufen. Wie so oft müssen wir nur den moralischen Mantel von den Schultern der vermeintlichen Wohltäter zerren, und schon enthüllt sich die hässliche Fratze ganz anders gearteter Interessen, nämlich die Vermehrung der eigenen Macht.

Im Übrigen bin ich der Überzeugung, dass nicht der Staat Werte schaffen und vermitteln kann und darf, sondern diese Werte im freien menschlichen Zusammenleben entstehen müssen und werden. Allerdings mache ich eine wichtige Ausnahme: In einer freien Gesellschaft kann und muss der Staat durch seine Institutionen die Grundlagen der Freiheit schützen und bewahren und für sie werben. Das müsste die Aufgabe der staatlichen (und eigentlich in erster Linie der gesellschaftlichen) Eliten sein, die durch ihr Vorbild eine Identifikation zwischen Staat und Volk schaffen sollten. Von einer solchen Wertevermittlung wird man selbstverständlich bei uns, wenn man denn auf die Suche ginge, weit und breit nichts finden.

Viele Grüße

Genussmensch
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Re: Bundestagswahl 2013

Beitrag von teite »

Ich muss auch nochmal einen alten Beitrag beantworten...
horch! hat geschrieben:
teite hat geschrieben: Wenn eine demokratische Mehrheit beschließt, mir beispielsweise am Donnerstag das Fleischessen zu verbieten um angeblich das Klima zu retten, werde ich mein Recht und meine Freiheit als Souverän wahrnehmen und trotzdem Fleisch essen wenn ich das Verlangen danach habe.
Die Wahl eines nachvollziehbaren Beispiels kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass du dich damit außerhalb der Gesellschaft stellst und prinzipiell der Anarchie Vorschub leistest. Das Prinzip dahinter: Gesetze, die ich nicht einsehe, halte ich nicht ein. Damit kann sich jeder sein Recht selbst gestalten... der eine bezweifelt vielleicht den Sinn der Verkehrsregelung durch rote Ampeln, der nächste versteht das Prinzip von Eigentum nicht, wieder ein anderer hat eigene und sehr wörtliche Vorstellungen von schlagkräftiger Konfliktaustragung.
...
Es ist umgekehrt: Freiheit und Recht müssen im Kontext der Demokratie eingeordnet sein. Demokratie wird immer deine Rechte einschränken. Dagegen kann - und soll - man im Einzelfall vorgehen, (verfassungs)rechtlich und per Wahl; aber grundsätzlich und aus Prinzip dagegen zu sein, stellt auch die Demokratie grundsätzlich in Frage.
Ich habe schon eine andere deutsche Republik erlebt, die sich auch demokratisch nannte. Dort herrschte dann angeblich eine demokratische Mehrheit des Proletariats. Diese demokratische Mehrheit hat beschlossen, mir meine grundlegenden Menschenrechte wie Meinungsfreiheit, Bildungsfreiheit, Berufsfreiheit, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und mit am wichtigsten, das Recht auf Eigentum, vorzuenthalten bzw. einzuschränken.

Eine wie auch immer demokratische legitimierte Mehrheitsentscheidung rechtfertigt niemals die o.g. unteilbaren Rechte anderer Menschen einzuschränken. Deshalb ist eine Herrschaft des Rechts und der Rechtsstaat die Grundlage jeder freiheitlichen Gesellschaft. Die Demokratie kann dann wegen mir die politische Willensbildung innerhalb dieses Rahmens übernehmen.
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Frog2

Re: Bundestagswahl 2013

Beitrag von Frog2 »

Ich großen Teilen sind die Aussagen von Genussmensch richtig, meiner Meinung nach, auch wenn sie ein liberales Ideal beschreiben.( Liberalismus in reiner und ehrlicher Form) Leider sieht die Realität oft anders aus. Wie auch von Genussmensch deutlich beschrieben. Alle gleich? (Lex Kohl?).
Gruß Wolfgang
Frog2

Re: Bundestagswahl 2013

Beitrag von Frog2 »

Hallo mk_stgt,
spannend? Die ganze Sache ist vorhersehbar, wie so oft werden die Wähler am Nasenring durch den Koben gezogen. Alles wird verwässert bis zur Unkenntlichkeit.
Die SPD wird Schaden nehmen, wie alle neben Angela und dann will es wieder keiner gewesen sein. Recht so! :mrgreen:
Gruß Wolfgang
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Re: Bundestagswahl 2013

Beitrag von Genussmensch »

Aus meiner Sicht die bislang beste Analyse zum FDP-Wahldebakel.

Viele Grüße

Genussmensch
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Re: Bundestagswahl 2013

Beitrag von mk_stgt »

ja, in der tat. da steckt viel an wahrheit drin
alles Gute und bleibt gesund!
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