Unwort des Jahres 2015

[g.vogt]

Zum Unwort des Jahres 2015 wurde "Gutmensch" gekürt. Das wäre auch meine Wahl gewesen.

[Genussmensch]

Aus meiner Sicht handelt es sich - wie eigentlich fast immer bei dem doch recht tendenziösen Gremium - um keine gute Wahl.

Allein die Begründung ist verfehlt. Angeblich würden als "Gutmenschen" die vielen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen bezeichnet. Ihnen werde Naivität vorgeworfen und ihre Mitmenschlichkeit werde ins Lächerliche gezogen. Ehrlich gesagt habe ich das Wort "Gutmensch" noch nie in dieser Verwendung wahrgenommen. So wie ich das Wort verstehe, geht es um die Bezeichnung einer heuchlerischen, offen zu Markte getragenen guten Gesinnung. Gemeint sind Menschen, die sich nicht, wie in vorbildlicher Weise die vielen ehrenamtlichen Helfer, vom christlichen Gebot der Nächstenliebe leiten lassen, das da heißt: "Gehe hin und tue Gutes!" Gemeint sind vielmehr Menschen, die anderen predigen, sie sollen Gutes tun. Gemeint sind Menschen, die in aufreizend naiver Weise eine Gesinnungsethik zu Markte tragen, um sich dadurch moralisch über andere Menschen zu erheben und Vorteile im öffentlichen Diskurs zu verschaffen, ohne je Verantwortung für ihre Forderungen übernehmen zu müssen. Gemeint sind Menschen, die sachliche Argumente durch moralische (Unwert-)Urteile ersetzen. Gemeint sind Menschen, die etwa dazu aufrufen, sich in einen Gebetskreis mit den Taliban zu setzen und für Frieden zu beten (heute müsste man Taliban durch IS-Führer ersetzen). Gemeint sind Menschen, die erkannt haben, dass man sich immer auf die Seite der Richter schlagen muss, um über andere moralisch zu Gericht sitzen zu können.

In Kürze: Ein Gutmensch ist ein Mensch, der sich selbst als moralisch gut in der Öffentlichkeit darstellt, als moralisch besseren Menschen. Er erhebt sich damit durch sein öffentliches Reden in unmoralischer Weise über andere Menschen. Solche Menschen werde ich auch künftig und aus tiefster moralischer Überzeugung als "Gutmenschen" bezeichnen. Vor den vielen guten Menschen, die anderen uneigennützig helfen, verneige ich mich dagegen in Ehrfurcht.

Viele Grüße

Genussmensch

[NiedrigerIQ]

Gute Wahl...!

http://www.duden.de/rechtschreibung/Gutmensch

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gutmensch

Fand letztes Jahr auch "Luegenpresse" nicht schlecht.....

[Marcel123]

Die jährliche Kür, zum "Unwort des Jahres" ist aus meiner Sicht genauso sinnvoll, wie die Erstellung dieses Thread's.....

[NiedrigerIQ]

Interessant ist auch ein Rueckblick auf die Woerter des Jahres....

[Mysterion]

Die jährliche Kür, zum "Unwort des Jahres" ist aus meiner Sicht genauso sinnvoll, wie die Erstellung dieses Thread's.....

+1

Als gäbe es sonst absolut nichts zu tun.

Beschäftigungstherapie, ist aber nicht das einzige Beispiel.

[Prince666]

Danke Genussmensch

[g.vogt]

...So wie ich das Wort verstehe, geht es um die Bezeichnung einer heuchlerischen, offen zu Markte getragenen guten Gesinnung. Gemeint sind Menschen, die sich nicht, wie in vorbildlicher Weise die vielen ehrenamtlichen Helfer, vom christlichen Gebot der Nächstenliebe leiten lassen, das da heißt: "Gehe hin und tue Gutes!" Gemeint sind vielmehr Menschen, die anderen predigen, sie sollen Gutes tun. Gemeint sind Menschen, die in aufreizend naiver Weise eine Gesinnungsethik zu Markte tragen, um sich dadurch moralisch über andere Menschen zu erheben und Vorteile im öffentlichen Diskurs zu verschaffen, ohne je Verantwortung für ihre Forderungen übernehmen zu müssen. Gemeint sind Menschen, die sachliche Argumente durch moralische (Unwert-)Urteile ersetzen. Gemeint sind Menschen, die etwa dazu aufrufen, sich in einen Gebetskreis mit den Taliban zu setzen und für Frieden zu beten (heute müsste man Taliban durch IS-Führer ersetzen). Gemeint sind Menschen, die erkannt haben, dass man sich immer auf die Seite der Richter schlagen muss, um über andere moralisch zu Gericht sitzen zu können...

In Kürze: Ein Gutmensch ist ein Mensch, der sich selbst als moralisch gut in der Öffentlichkeit darstellt, als moralisch besseren Menschen. Er erhebt sich damit durch sein öffentliches Reden in unmoralischer Weise über andere Menschen. Solche Menschen werde ich auch künftig und aus tiefster moralischer Überzeugung als "Gutmenschen" bezeichnen. Vor den vielen guten Menschen, die anderen uneigennützig helfen, verneige ich mich dagegen in Ehrfurcht.

Es mag ja sein, dass du diesen Begriff so verstehst und so verwendest. Ich habe aber eine andere Wahrnehmung, wie dieser Begriff in politischen Diskussionen und insbesondere in Foren verwendet wird. Der Begriff "Gutmensch", gerne noch mit dem Attribut "links" oder "grün" oder gleich "linksgrün" versehen, wird in Foren geradezu inflationär verwendet, um jeden Diskutanten zu verunglimpfen, der in arg einseitigen Diskussionen auch nur einmal einzuwenden versucht, dass die propagierten einfachen Wahrheiten keine sind, sondern dumpfe Vorurteile. Dass die Angelegenheiten nicht so einfach sind, dass sie nicht mit "dafür" und "dagegen" abgetan werden können, dass man sich das differenzierter ansehen müsste, dass man oft genug viel zu wenig weiß vom Schicksal Einzelner. Dabei geht es heute gegen Geflüchtete, und diese Diskussion wird durch die Vorfälle in Köln ja gerade von den "Ich habs schon immer gewusst"-Schlaubergern befeuert, da klatscht sich der AfD-Politiker vor Freude auf die Schenkel, dabei ging es vor gerade mal einem halben Jahr gegen Griechenland, dabei ging es vor auch nicht allzu langer Zeit gegen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger usw.

[Weyoun]

Gerald, du sprichst mir aus der Seele!

[g.vogt]

Gerald, du sprichst mir aus der Seele!

Das ist hier ja auch nicht der Auto-Thread