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Verfasst: Mo 8. Dez 2003, 15:41
von AH
@ Dominik:

Sinus-Signale sind nur für spezielle Hörtests interessant. Ich empfehle, Hörtests mit Rosarauschen zu einzuleiten.
Ich beginne Hörtests immer mit einer einzelnen Box, also mono.
Dabei solltest Du dich horizontal und vertikal in einem Abstand von ca. 1m um die (freistehende) Box herum bewegen. Achte darauf, daß sich die Klangfarbe des Rauschens möglichst wenig oder gar nicht als Funktion Deines Standortes ändert. Die Box soll/darf unter größeren Winkeln idealerweise nur leiser werden. Interferenzprobleme und viele andere Artefakte werden mit diesem simplen Test ebenfalls gut hörbar gemacht.

Die mir bekannten Genelecs erfüllen durchaus (im Gegensatz z.B. zu vielen A.D.A.M-Produkten) die Anforderungen, die an Studio-Regielautsprecher zu stellen sind. Die kleineren Modelle klingen prinzipbedingt aufgrund des zu geringen Bündelungsmaßes im Grundtonbereich dunkel und im Raum auch viel zu "umhüllend-räumlich", dieses Schicksal teilen sie jedoch mit allen freifeldentzerrten Kleinlautsprechern (kleine Lautsprecher sind also grundsätzlich problematisch). Aber auch größere Modelle haben manchmal eine Tendenz zu dunklem Klang, da das Bündelungsmaß im Hochtonbereich bisweilen etwas zu stark ansteigt.

Gruß

Andreas

Verfasst: Mo 8. Dez 2003, 15:52
von Jonas
Die mir bekannten Genelecs erfüllen durchaus (im Gegensatz z.B. zu vielen A.D.A.M-Produkten) die Anforderungen, die an Studio-Regielautsprecher zu stellen sind.
Welche Anforderungen erfüllen die ADAMs denn nicht, ich dachte immer, die ADAMs (besonders die p-11) ist sowas wie ein Geheimtipp, zumindestens sind sie das in den Tests bei amazona.de/Keyboards/Keys. Mich würde mal die Meinung eines Profis dazu interessieren 8) .

Verfasst: Mo 8. Dez 2003, 16:45
von AH
@ Jonas:

die Probleme betreffen vorwiegend das Abstrahlverhalten bzw. den Diffusfeld-Frequenzgang. Meiner Erfahrung nach ist dies ein äußerst wesentliches Kriterium sowohl für die Abbildungsqualität (Begründung "richtungsbestimmende Blauertsche Bänder"), als auch für die Klangfarbe eines Lautsprechers.

A.D.A.M. Lautsprecher plagen sich mit ansonsten eher "hifi-typischen" Sprungstellen im Abstrahlverhalten. Bei den Zweiwegesystemen bündelt z.B. der Konustieftöner im Bereich der Übernahmefrequenz deutlich, da er groß gegen die Wellenlänge ist. Der Hochtöner hat dagegen keine Richtwirkung (klein gegen die Wellenlänge). Daher sind mittleren Mitten im Klangbild (Diffusfeld-Frequenzgang!) unterrepräsentiert, der Präsenzbereich tritt dagegen zu stark hervor.
Hinzu kommt, daß der Hochtöner auch zusammengefaltet eine größere Abstrahlfläche aufweist, als eine 25mm-Kalotte. Nun haben bereits 25mm-Kalotten in der höchsten hörbaren Oktave (8kHz...16kHz) ein stark ansteigendes Bündelungsmaß (zu groß gegen die Wellenlänge), noch größere Hochtöner geben insgesamt in alle Raumrichtungen noch weniger höchste Höhen ab, was sich in einem "weichen" Klangbild äußert.
Das Modell S2A wurde auch in der Production-Partner gemessen (könnte ich raussuchen), wo sich diese Schwächen deutlich zeigen.

Die Hauptlautsprecher dieses Herstellers haben zudem ein für solche Applikationen zu geringes Bündelungsmaß. Zudem findet man heftig interferierende "d`Appolito"-Anordnungen im Mitteltonbereich, die zumindest bei Regielautsprechern keinen Platz haben sollten.

Hinzu kommt, daß die nichtlinearen Verzerrungen bei einigen Systemen überraschend hoch sind, die Antriebe der zugekauften elektrodynamischen Lautsprecher scheinen nicht dem Stand der Technik zu entsprechen. Aber auch der Air-Motion-Hochtöner hat höhere Klirrfaktoren, als gute 1"-Kalotten. Harmonische Verzerrungen würde ich allerdings grundsätzlich nicht überbewerten (bzw. Klirr v.a. als Quelle für IM-Verzerrungen als kritisch betrachten, d.h. nur in Verbindung mit Bandbreite den Klirrfaktor als Funktion der Frequenz bewerten), problematisch sehe ich allerdings die recht hohen Klirrfaktoren bereits bei geringen Pegeln. Zu hohen Pegeln hin erzeugt das Gehör selbst Oberwellen und die Hörschwelle sinkt daher ab.

Gruß

Andreas

P.S. "Profi" bin ich übrigens nicht (jedenfalls nicht tonschaffend), jedoch habe ich im Laufe der Zeit gelernt, elektroakustische Eigenschaften und Höreindruck ein wenig zu korrelieren.

Verfasst: Mo 8. Dez 2003, 18:20
von Jonas
Danke für deine Antwort.

Ich frage mal ganz frech, wie hast du dir das ganze Wissen (scheint mir ja recht fundiert zu sein) angeeignet? Hat das was mit deinem Job zu tun, oder ist das privat angelernt?

Gruß, Jonas

Verfasst: Di 9. Dez 2003, 11:13
von AH
@ Jonas:

Ich habe nebenher die Elektroakustik-Vorlesungen von Prof. Sennheiser hier in Hannover gehört, was für einen Naturwissenschaftler inhaltlich nicht schwer zu verstehen ist. Da es für mich zudem leicht ist, entsprechende Veröffentlichungen herauszusuchen, da es in diesem Bereich ebenso wissenschaftliche Publikationen (Zeitschriften / Bücher) gibt, wie in jeder anderen Wissenschaft, habe ich mich für private Zwecke auf die Themen Psychoakustik, Hörbedingungen und Aufnahmetechnik konzentriert, weil hier die zentralen Probleme zu erwarten sind.

Ausgangspunkt war die Tatsache, daß ich als "Klassikhörer" (früher auch Instrumentalist) mit viel live-Erfahrung mit den Möglichkeiten von Heimwiedergabebedingungen ausgesprochen unzufrieden war. Ich bin zu dem Schluß gekommen, das sich die Mühe gelohnt und die wissenschaftliche Herangehensweise zum gewünschten Erfolg geführt hat.

Gruß

Andreas

Verfasst: Di 9. Dez 2003, 22:39
von Jonas
interessant, ich werde gleich mal im vorlesungsverzeichnis gucken, ob elektro-akustik hier angeboten wird. als angehender naturwissenschaftler sollte man das eine oder andere mitnehmen können.

gruß, jonas