Markus hat geschrieben: Fr 20. Jan 2023, 15:10
Witzig finde ich in diesem Zusammenhang vor allem die Drohung des Streiks, da ja die Zuverlässigkeit der Lieferung von Briefen und Paketen bereits seit Monaten (wenn nicht sogar Jahren) bei der Post unterirdisch sind. Bin noch im Zweifel, ob die Mehrzahl der Postkunden daher von diesem Streik überhaupt etwas merkt...
Das liegt aber nicht an den Zustellern, sondern an den Bedingungen, die das Management vorgibt.
Wie bereits weiter oben geschrieben hat das Unternehmen z.B. am Jahresanfang deutschandweit ca 7000 Stellen abgebaut, da sie der Meinung waren, dass die Paketmengen zurückgehen. Warum auch immer, aber die Prognosen waren dermaßen falsch... das darf einem Logistikunternehmen nicht passieren.
Das waren überwiegend gut angelernte, erfahrene Arbeiter, die sich mit den bei der Post üblichen befristeten Verträgen durchkämpften... teilweise schon über Jahre. Als sie dann gemerkt haben, dass sie mit dem Personal nicht hinkommen, musste wieder neu eingestellt werden. Nur waren die Leute, die im Januar ausgestellt wurden meistens schon wo anders untergekommen oder hatten einfach keinen Bock mehr auf die Post.
Und da der Arbeitsmarkt allgemein ziemlich leergefegt ist, hat´s auch gedauert bis sie wieder genügend Personal am Start hatten. Dann müssen die aber auch erst mal angelernt werden. Das dauert im Schnitt 6-12 Wochen bis die Neuen annähernd an die Leistung eines erfahrenen Kollegen rankommen. Zum einen was Schnelligkeit aber auch Qualität betrifft.
Außerdem mussten diejenigen noch aussortiert werden, die für den Job einfach nicht geeignet sind. Nach meiner Erfahrung sind 7 von 10 nicht geeignet oder wollen sich durch die harte Anfangszeit durchbeißen. Klingt viel, ist aber leider so. Auch wenn der Job keine Raketenwissenschaft ist, ist es schwieriger wie am Fließband täglich 5000mal den gleichen Handgriff zu machen.
Jeder Tag bei uns ist immer anders. Eine gewisse Flexibilität ist da schon notwendig.
Aber genau das ignoriert das Unternehmen konsequent.. neue Kräfte sollen nach spätestens 2 Wochen alleine einen kompetten Bezirk fahren, mit voller Auslastung.
Und dann werden die langjährigen Mitarbeiter auch noch gequält... es wird mit dem Dampfhammer eine Flexibilisierung der Zustellung durchgedrückt, die jahrzehntelange eingespielte Arbeitsabläufe von heute auf morgen über den Haufen wirft. Und alles von oben herab, ohne die Leute, die den Job machen mal zu fragen, ob das in der Realität auch praktikabel ist.
Das Ende vom Lied ist, es gibt jede Menge neue unerfahrene Zusteller, die zu kurz angelernt werden, und Alte, die total demotiviert sind, weil ihnen was aufgezwungen wird, was in der Praxis nicht funktioniert.
Nur ein Beispiel:
Das Stammzusteller Prinzip.
Bis jetzt war es so, dass Zustellberzirke fest an einen Kollegen vergeben waren, der dort Tag ein Tag aus zustellt. Der kümmert sich dann auch darum, dass auf diesem Bezirk alles passt. Nachsendeaufträge etc. Die Menschen draußen kennen ihren Postboten. Probleme werden in der Regel direkt geklärt. Es gab pro Gruppe einen Springer, der dann fährt wenn der Kollege seinen freien Tag hat und einen 2. für die Urlaubsvertretung. Auch die beiden kennen die Bezirke sehr gut. Wissen worauf es ankommt.
Jetzt geht die Post hin und schafft das im Prinzip ab, mehr oder weniger von heute auf morgen. Jeder soll nur noch 2 Wochen einen Bezirk fahren, dann muss er wechseln.
Kollegen, die zum Teil seit Jahrzehnten den selben Bezirk haben, kotzen natürlich im Strahl. Man baut sich eine Beziehung mit den Leuten auf, weiß wo die Oma oder die Tante wohnt, gibt die Sendugen halt da ab, wenn der eigentl Empfänger nicht da ist. Man kümmert sich einfach um seinen Bezirk.
Wenn ich aber nach 2 Wochen da eh nicht mehr fahr, ist´s den meisten einfach wurscht. Da geht einiges an Service, den man so nebenbei macht, einfach flöten. Und die Qualität leidet natürlich extrem.
Keiner kennt sich mehr so wirklich dort aus und alle denken sich, is mir doch egal, der Kollege wirds schon richten.
Neue Kräfte, die alle 2 Wochen den Bezirk wechseln sollen, haben ja gar keine Chance, den Bezirk mal richtig kennen zu lernen.
Klar gabs schon immer irgendwo Probleme und unzufriedene Kunden, aber die Häufung dieses Jahr ist schon extrem. Das liegt nicht nur an den neuen Kräften, sondern auch daran das das Management die langjährigen Mitarbeiter auch extrem verunsichert hat. Und die sehen den Zusammenhang einfach nicht, oder wollen ihn nicht sehen, weil sie dann zugeben müssten, dass sie eine falsche Entscheidung getroffen haben.
Und ein Vorstand der einen Fehler zugeben muss, ist nicht mehr lange Vorstand. Und was für die doch einzig zählt ist, dass sie ihre eigenen Zielvorgaben erreichen, damit man am Ende des Jahres einen dicken Bonus einstreichen können, weil man ja so toll gearbeitet hat.
Also bitte macht die schlechte Qualität nicht an den Zustellern fest, dass sind überwiegend die gleichen, die während des ersten und zweiten Corona Lock Down´s noch von allen beklatscht wurden.
Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Und zum Schluss noch ein Zitat von Robert Bosch:
"Ich zahe nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle."
Und ja, ich arbeite immer noch gern bei der Post..... noch