Hallo zusammen,
dieser Thread reizt mich schon eine ganze Weile zum Antworten. Zum einen wegen der Eingangs gestellten Frage, die ich aus Zeitmangel noch nicht beantworten konnte. Zum anderen wegen der Aussage, im Selbstbaubereich hätte man ja ganz andere Möglichkeiten. Au weia, dachte ich mir nur.
Zunächst aber zur ersten Frage: Warum kann Nubert dieses hohe Qualitätsniveau bei so günstigen Preisen halten?
Nun, einen Teil der Fragen haben ja andere Forumsteilnehmer schon recht gut beantwortet. Der Vollständigkeit halber kann ich es aber noch mal extrahieren:
Firmen mit einem Vertrieb über den Fach- oder Großflächen-Handel müssen, wenn sie eine Box entwickeln, bei der Preiskalkulation eines jeden verwendeten Bauteiles die weitere Beaufschlagung durch Vertreter- und Handels-Spanne mit einbeziehen. Durch den Direktvertrieb fallen auch weitere Kosten wie z.B. Werbekostenzuschüsse oder große Messeauftritte weg. Wir müssen uns also nur selbst finanzieren und können daher von Vorneherein hochwertigere Bauteile einsetzen und bewährte Lieferanten beschäftigen. Nebenbei bemerkt müssen wir auch nicht alles aus Fernost besorgen, nur um einem Handelskonzern die von ihm geforderte, höhere Spanne bieten zu können.
Hochwertiges Material alleine reicht natürlich bei Weitem nicht, um eine gute Box entstehen zu lassen. Ich muss es nicht erst an die große Glocke hängen, denn es ist längst bekannt: Bei dieser Firma kocht der Chef noch selbst. Ich kenne inzwischen auch den Unterschied zu anderen Firmen, in denen ich vorher arbeitete: Bei Nubert herrscht Detailbesessenheit: Häufig wird um halbe dBs gekämpft, die man manchmal schon gar nicht mehr hört (meiner Erfahrung nach oft aber eben doch!). In diesem Punkt sind Herr Nubert und ich sich glücklicherweise ziemlich ähnlich. In manch anderer Firma hätte man mich bei so viel Pfriemelei wahrscheinlich schon längst für verrückt erklärt.
Da Nubert sich inzwischen einen recht guten Namen erkämpft hat, haben wir infolge größerer Abnahmemengen auch die Möglichkeit, uns Spezialanfertigungen beispielsweise von Lautsprecherchassis entwickeln zu lassen mit nahezu beliebigen Eigenschaften. Eine kleine Hinterhof-Tüftelfirma, bei der möglicherweise ähnlich besessen an Details gefeilt wird, ist meist gezwungen, seine Komponenten von der Stange zu kaufen. Oder die Einkaufspreise für Spezialteile steigen in schwindelerregende Höhen. Wir nutzen natürlich diesen Vorteil aus, so gut wir können, oftmals bis zum Limit. Laut Aussage eines Lieferanten zählen wir, was diesen Punkt anbelangt, zu den Extremkunden.
Nun zur Aussage, mit Selbstbau ginge es noch um Einiges besser.
Nun, als ich meine ersten Gehversuche im Lautsprecherbau machte, dachte ich das auch, daher kann ich diese Aussage gut nachvollziehen. Allerdings kannte ich damals Nubert noch nicht (grandmaster-Pat kennt ihn wohl auch noch nicht
).
Der eigentliche Denkfehler rührt daher, dass die Meisten Nach wie Vor dem Glauben verfallen sind, wenn man DEN Hochtöner und DIESES Weichenbauteil usw.
nimmt, DANN bekommt man sozusagen ganz von selbst einen ganz tollen Lautsprecher. Leider sieht die Realität ganz anders aus.
Nehmen wir zum Beispiel die NuBox 311. Scheinbar eine gewöhnliche preisgünstige 2-Wege-Regalbox, nichts Besonderes. Ich mache mit JEDEM aus dem Forum eine Wette, dass Nicht EINER es schaffen wird, eine Box dieser Größe im Selbstbau hinzubekommen, die es in der Summe aller Eigenschaften mit der NuBox 311 aufnehmen kann. Vielleicht könnte diese Box im Bass einen Tick tiefer hinuntergehen (ist rein theoretisch machbar). Dann hat sie entweder viel weniger Wirkungsgrad, ist weniger belastbar oder klingt nicht mehr so ausgewogen wie die 311, oder - sehr wahrscheinlich - Alles zusammen.
Dann zu den Beschaffungskosten: Schon die technisch ziemlich hochgezüchteten Einzelteile würden im DIY-Markt ohne das Gehäuse etwa soviel kosten wie die gesamte Box. Dazu kommt, dass man ein so sauber verarbeitetes Gehäuse im eigenen Hobbykeller nie so präzise hinbekommt, es sei denn man ist selbst Schreiner. Man muss es also vom Schreiner fertigen lassen. Auf Selbstbau spezialisierte Schreiner liefern manchmal vorgefertigte Gehäuse, welche aber in dieser Größe auch schon etwa soviel kosten wie die komplette 311.
Fehlt jetzt nur noch die Weiche: Welche Art von psychoakustischen Feinheiten hier eingearbeitet sind, erzähle ich hier verständlicherweise nicht (ein paar Dinge muss ja man auch für sich behalten), aber alleine die Tatsache, dass der Vorgänger NuBox 310 sieben(!!!) Entwicklungsstufen hinter sich hat und die 311 sich inzwischen auch schon in der zweiten Evolutionsstufe befindet, lässt erahnen, dass man es sich mit dieser Box nicht gerade leicht gemacht hat. Ein Blick auf die mit hochwertigen Teilen vollgestopfte Weiche lässt möglicherweise erahnen, wieviel Gehirnschmalz hier verborgen ist. Ein Selbstbauer benötigt, um soweit zu kommen, mindestens ein hochwertiges Mess-Equipment, einen gut sortierten Bauteilepark, sehr viel Übung im Hören von Lautsprecherklängen und vor Allem jede Menge Erfahrung im Umgang mit passiven Filterelementen. Ein nicht ganz dem Chassis angepaßter Wert eines Weichbauteiles kann unter Umständen das Klangbild so verschlechtern (oder ein gutes erst gar nicht entstehen lassen), dass man auch mit dem Einsatz noch so hochwertiger Weichenkomponenten keinen Blumentopf mehr gewinnt.
Diese Gegenüberstellung könnte ich mit jeder beliebigen Box aus dem Nubert-Programm machen, auch mit einer NuWave 125. Sie würde immer zu Ungunsten des Selbstbauers ausfallen. Da ich selbst sehr lange (vor meiner "Nubert-Ära") Selbstbau betrieben habe, weiß ich inzwischen genau, wovon ich rede. Eigentlich schade, denn es macht ja trotzdem Spaß, aber es ist eben mal Realität.
Nun, wer will mit mir wetten
?
High-fidele Grüße sendet Euch
Thomas Bien