Einen wunderschönen guten Morgen zusammen,
nachdem ihr alle mich so hilfsbereit und freundlich bei der Entscheidungsfindung unterstützt habt, möchte ich euch natürlich meine ersten Eindrücke nicht vorenthalten. Gestern kam die erste Teillieferung. Die UPS-Botin war supernett und mit vereinten Kräften hatten wir die drei Pakete im Nu bis unters Dach getragen. Erster Eindruck bei näherer Betrachtung der massiven vertackerten Kartons: Die Jungs von Nubert wissen offensichtlich, wie Paketdienste mit Paketen umgehen. Der Matroschka-Award geht dabei eindeutig an die dreifach Verpackung des Marantz. In den anderen beiden Paketen waren die nuLines. ATM, 511er und ABL kommen dann nach, sobald verfügbar.
Eigentlich ein Bisschen schade, dass die nuLines vor den nuBoxen da waren, ich hätte mich sonst dem Preisgefälle nach vorangetastet. Naja, macht nix, lieber so als warten müssen bis alles im Nubertlager versammelt ist. Dass das ATM noch nicht da ist, hat auch seine positiven Seiten, so komme ich nicht in Versuchung den Test ohne ATM übermäßig zu verkürzen. Die Vergleichsbasis soll ja einigermaßen stimmen.
Ein gutes Stündchen später war alles aufgestellt und verkabelt. Also, den TViX per HDMI angeschlossen, die DiskStation auf Touren gebracht, kurz noch ein Netzwerkkabel quer durchs Zimmer gelegt (das wird dann demnächst noch ordentlich in der Wand versenkt) um unabhängig vom WLAN streamen zu können und Musik ab!
Als erstes ist mir A Fine Frenzy in die Finger gefallen... Die ersten Takte von Almost Lover, Gänsehaut vom Scheitel bis zur Sohle, Tränchen im Auge. Einfach nur hammergeil was da aus den Boxen kommt. Dann Klassik: Smetana - Vltava das lange leise Crescendo der ersten Minute... umwerfend! War schon immer eins meiner Lieblingsstücke, aber so habe ich das noch nie gehört: Jedes Pizzicato am Anfang glasklar, die wilderen Passagen später unendlich differenziert, ein Tusch ist nicht mehr einfach nur ein Tusch, sondern ich höre die einzelnen Streicher, Holz- und Blechbläser klar heraus... sensationell. Danach Bach: Präludium und Fuge in C, Fantasie in G und Dorische Toccata und Fuge jeweils auf Silbermann-Orgel... meine Güte können die Lines tief in den Keller, so muss ein 16' Register klingen! Und das ganz ohne ATM, Bass auf linear und keine Anpassung am Receiver. Die Goldberg-Variationen (Chen Pi-hsien und zweimal Gould) spare ich mir fürs Wochenende auf.
Anschließend Kontrastprogramm: elektronische Musik, hauptsächlich Sachen von Sylver, Marusha, Darude, Barthezz un DJs at Work, aber auch ein Bisschen Mauro Picotto und Benny Benassi. Pop: Querbeet von Elton John bis Grönemeyer, von Sarah Connor bis Robbie Williams. Am Wochenende sind dann ganz in Ruhe die Beatles dran. Rock: Bryan Adams - Reckless, Rod Stewart - A Spanner in the Works, Metallica, Guns'n'Roses, Nickleback und Puddle of Mudd. Ein Bisschen Ethno: Youssou N'Dour, Christopher Tin, Lorena McKennit. Und dann noch ein paar entspannte Sachen: Peggy Lee, Katie Melua, Ella Fitzgerald. Dann war der Tag auch schon rum. Also kommt Norah Jones erst heute dran.
Nach dem teilweise wilden Durcheinander stellt sich bei mir folgendes Bild ein: Die nuLines klingen ganz anders als meine bisherige Kombination aus Mini-Satelliten und Kickbass-Boombox. Ich tu mich schwer, das Ganze in Worte zu fassen, aber ich glaube ich verstehe jetzt vieles von dem, was ich von anderen an Höreindrücken gelesen habe.
Insgesammt würde ich das Klangbild der nuLines als luftig und leicht beschreiben. Dass die Höhen dem ein oder anderen auf Dauer nervig erscheinen mögen, kann ich verstehen, mir selbst geht es allerdings nicht so. Ich hab sie zwar letztendlich auch auf "sanft" gestellt, das hängt aber eher mit der miserablen Raumakustik in meinem Wohnzimmer zusammen. Das "Gezischel", das ein Tester bei Katie Melua - Nine million bicycles unerträglich fand, konnte ich aber nicht entdecken (weder bei dem genannten Stück, noch bei anderen "schwierigen" Stimmen, wie z.B. Annett Louisan).
Differenziertheit ist das nächste Stichwort, das mir einfällt: Egal ob großes Orchester, A Capella oder Gesang mit sparsamer Instrumentalbegleitung - jedes Instrument und jeder Sänger sind herauszuhören. Viele Details von Musikstücken, die ich bisher gut zu kennnen glaubte, habe ich gestern zum ersten Mal gehört. Präzision: Insbesondere bei den Bässen... furztrocken sind die. Meine bisherige Anlage hat Bässe insbesondere so im 100-200Hz Bereich immer dröhnig, brummig, matschig und überbetont in die Länge gezogen. Bei der nuLine sind die einzelnen Schläge kurz und knackig. Besonders aufgefallen ist mir das bei Joja Wendt - Asturias (die Aufnahme vom Album "Mit 88 Tasten um die Welt" gefällt mir noch besser als die von "Live... sehr schwer zu spielen!", obwohl beide Alben sehr empfehlenswert sind).
Für mich gewöhnungsbedürftig ist, dass die Lautsprecher im Kickbass-Bereich nichts dazudichten. Gerade bei vielen Pop/Rock-Stücken fehlt im ersten Moment der gewohnte Brummel-Grummel-Teppich, da wirkt der Klang dann etwas flach. Bei Stücken, die in dem Bereich was zu bieten haben (meistens irgendwelche Synthi-Pads oder z.B. bei Guns'n'Roses - Paradise City die Bassdrum) klingt es aber einfach nur genial, weil es eben nicht brummel-grummelt sondern ein voller, aber differenzierter (s.o.) Soundteppich Melodie und Gesang unterstützt.
Bühnenabbildung: Keine Ahnung, mag bei mir am Raum liegen (Klatschtest - durchgefallen), aber ich tue mich schwer damit, einzelne Sänger oder Instrumente im Raum positioniert wahrzunehmen. Das Gefühl, der Interpret stünde vor mir im Wohnzimmer, hat sich bisher nicht eingestellt. Einzig bei Rufus Wainwright - Hallelujah war die Gitarre deutlich unten liks und der Gesang oben rechts. Das klang aber eher schon fast merkwürdig als realistisch. Was ich aber nachvollziehen kann ist das, was ein anderer Hörer als 16:9-Effekt (im Vergleich zu 4:3) beschrieben hat: Das Klangbild steht richtig schön breit im Raum, geht quasi über die volle Breite von links nach rechts anstatt nur zentral von geradeaus vorne zu kommen (hoffe mal, ihr versteht einigermaßen, was ich damit meine).
Insgesammt muss ich sagen, ich bin hin und weg. Ich hab bis spät in die Nacht meine Musiksammlung rauf und runter gehört (selbst als die Konzentration am Ende der Müdigkeit gewichen ist) und immer wieder Gänsehaut gekriegt, mitgewippt, -gesungen und -gepfiffen. Die Dinger geb ich nie wieder her!
Zwischen der Musikhörerei hab ich auch mal die Heimkinotauglichkeit überprüft, anhand der Anfangsszenen von Der Herr der Ringe - Die Gefährten und The Dark Knight und muss sagen: Mehr brauche ich nicht. Auch ohne Subwoofer ist der Bass satt, tief und laut. Unglaublich, dass da mit dem ATM noch mehr gehen soll. Was die Boxen alleine allerdings nicht leisten, ist die Subwoofer-typische Druckwelle, die die Hosenbeine zum Flattern bringt. Brauch ich im Wohnzimmer aber auch nicht unbedingt. Für das Geld für einen den Boxen angemessenen Subwoofer kann ich verdammt oft ins Kino gehen (mit allen schönen und weniger schönen Begleiterscheinungen).
Beim Receiver herrschen Licht und Schatten. Das Gerät ist solide verarbeitet und sieht imho chic aus. Da ich beim Klang keine Vergleichsbasis habe, kann ich dazu nichts sagen, außer: Gefällt mir. Das beiliegende Extra-Kästchen für den Bluetooth- und Infrarot-Empfang ist genial: Der Receiver steht im Schrank (Holztür) und das Kästchen liegt unterm Fernseher, die Fernbedienung funzt. Pairing mit IPod Touch und MacBook Pro, beides kein Problem, die Soundqualität ist deutlich besser als erwartet (definitiv Party-tauglich) und die Wiedergabe lässt sich mit der Fernbedienung des Receivers steuern. Die Einstellmöglichkeiten des Receivers sind übersichtlich, wenn auch nicht immer selbsterklärend und er tut grundsätzlich, was er soll.
Womit wir auch schon bei den Schattenseiten wären:
- Die Lautsprecherterminals am Receiver wirken im Vergleich zu den massiven Terminals der nuLines billig und wacklig. Sie tun wohl ihren Job, also ist das kein echtes Problem, aber trotzdem schade bei einem Receiver, der eigentlich aus der 1.000-Klasse kommt.
- Das OSD ist nicht unbedingt eine Augenweide. Beim Wechsel ins Menü setzt der Ton kurz aus. Overlay gibt es nicht. Informationen zur gewählten Quelle werden nur bei Quellen ohne Bild und dann auch nur viel zu kurz auf dem angeschlossenen Fernseher angezeigt. Das ist doppelt doof, weil die Fernbedienung zwar Tasten hat, die mit den Namen der Quellen beschriftet sind, diese dienen jedoch dazu, die Fernbedienung auf die entsprechende Quelle einzustellen und nicht etwa die Quelle am Receiver umzustellen. Dafür gibt es nur hoch und runter Tasten mit denen man alle Quellen durchlaufen kann. Steht der Receiver im Schrank, kann man also raten, was man gerade sehen und hören sollte, weil man nicht sehen kann, welche Quelle gerade gewählt ist.
- Lautstärke: Um die Nachbarn nicht zu sehr zu stressen bin ich nur bis -10dB hochgegangen. Das ist zwar deutlich lauter, als ich normal hören würde (für die nuLines überhaupt kein Problem), aber noch weit entfernt von Ohrenschmerz verursachenden Pegeln. Jetzt bin ich mir unsicher, ob die Leistung des Receivers reicht um auch mit eingeschleiftem ATM ordentlich die Bude zu rocken.
- Eingänge: Anscheinend hat der Receiver nur vier Video-Eingänge. Diese sind zwar teilweise mehrfach (HDMI, Component, Composite) ausgeführt, aber es ist eben nicht so, dass 4 HDMI + 3 Component + n Composite zur Verfügung stünden, sondern halt insgesammt nur vier Quellen angeschlossen werden können. Ist das bei allen Receivern so, oder eine Marantz Spezialität? Eigentlich bräuchte ich auf Dauer mindestens 4 HDMI, 1 Component und 1 Analog Audio, also wenigstens sechs unabhängige Quellen.
- Zonensetup: Umständlich, funktioniert nur, wenn Surround-Lautsprecher (die ich gar nicht habe) aktiviert sind. Gerade für die ATM-Einschleifung wär mir das wichtig.
- IPod-Anschluss per Kabel: Positiv: IPod wird geladen. Negativ: OSD entweder vollkommen unbrauchbar oder von mir einfach noch nicht verstanden, außerdem hässlich. Das in der Bedienungsanleitung als beiliegend bezeichnete Verbindungskabel gibt's auch nicht
Grundsätzlich ist es mit dem Receiver - wie mit aller U-Elektronik - wieder so: Wo man was einstellen kann, muss man sich mit den Einstellungen auseinandersetzen. Im Moment überlege ich echt stark, ob nicht vielleicht doch ein Stereo-VV so seine Vorteile gehabt hätte: Wenig Einstellmöglichkeiten = wenig Stress, Leistung satt, Klang super, dafür aber kein direkter IPod-Kontakt, ein separater HDMI-Switch müsste her (weil meinem Fernseher so langsam die Eingänge ausgehen) und jedes Quellgerät müsste erstens einen Analogen Audioausgang in ordentlicher Qualität haben (oder es wird teuer... ich sag nur Advance Audio 305 DA II) und zweitens in der Lage sein vernünftig auf Stereo down zu mixen. Alternativ bliebe noch der Yammi 667 (der SR6005 wird wohl zunächst außerhalb des anvisierten Budgets liegen): Mehr Eingänge, OSD Overlay in hübsch, günstiger, aber kein Bluetooth, weniger Verstärkerleistung... schwierig, schwierig das alles.
Naja, soviel erstmal zum ersten Eindruck. Fortsetzung folgt...
Gruß
Fabian