Da ich selbst jeden Tag an einer weiterführenden Schule an der Front stehe, kann ich guten Gewissens behaupten, dass das Bildungssystem ein riesiges Experimentierfeld ist (oder wie Han's Klaffl in seinem köstlichen Kabarettprogramm bemerkte: Da sitzt einer im Kultusministerium im Keller und denkt und denkt, und wenn er mit dem Denken fertig ist, dann schickt er ein KMS an die Schulen raus). Leider müssen wir die Vorgaben von oben umsetzen, sonst beschweren sich die Eltern
In der aktuellen "Bild der Wissenschaft" steht eine Glosse, die ich genau so unterschreiben würde:
Los geht es bereits in der Grundschule: Da praktizieren die Schüler die phonetische Schreibweise (sie schreiben so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist) und das drei (!) Jahre lang. Wenn in der vierten Klasse der Wechsel an eine weiterführende Schule ansteht, wird die Rechtschreibung auf einmal wieder bewertet. Wenn die Schüler in dem Bereich versagen, macht das nichts, dann bekommen sie eine Bescheinigung, dass sie eine Lese-Rechtschreibschwäche haben und die Rechtschreibung nicht bewertet werden darf, schließlich soll ihnen der Besuch einer weiterführenden Schule ja nicht durch die Rechtschreibung vermasselt werden. Schreibschrift lernen die Schüler sowieso nicht mehr, Druckschrift ist doch besser zu lesen und künftig werden die Schüler nur noch das Tippen lernen.
Apropos: In Bayern wurde seit letztem Jahr wieder zurückgerudert, jetzt gibt es in der Grundschule wieder Rechtschreibunterricht, ein Schelm, der Böses dabei denkt
Von 2006 bis 2012 ist die Zahl der Einserabiturienten in Deutschland um 40 (!) Prozent gestiegen, aber nicht, weil die Schüler viel schlauer sind, als wir es als Abiturienten waren. Um die internationale Vergleichbarkeit zu wahren, wurden einfach die Anforderungen massiv nach unten geschraubt, schließlich soll ja jeder das Abitur schaffen (in Frankreich z. B. 80 %) Wenn diese Abiturienten dann studieren, beklagen die Hochschulprofessoren immense Rechtschreib- und Grammatikfehler, auch mit dem Leseverständnis hapert es, aber trotzdem bekommen die Studenten meistens ein "Gut" oder "Sehr gut" im Abschlusszeugnis. Und was man von den Bachelor-Abschlüssen halten soll, dazu zitiere ich den Kfz-Meister meiner Autowerkstatt: Facharbeiter sind praktisch nicht mehr zu bekommen, außer für viel Geld (dem letzten hat er 2 300,- Euro netto ausbezahlt und der bekam ein noch besseres Angebot von der Konkurrenz), dafür könnte er jede Menge Bachelor-Ingenieure für 1 700,- Euro netto einstellen, nur, dass diese nicht schrauben können.