Apalone hat geschrieben:Nochmal die Bitte: juristische Aussagen zumindest so darstellen, dass die Ausfüllungs-/Interpretationsbedürftigkeit für jedermann erkennbar ist.
Hallo Marko,
in meinem letzten Posting (2.Absatz) hatte ich eigentlich vermutet, dass Du weißt, worauf ich hiermit hinaus wollte… Nun, bevor das Thema noch weiter "zerrissen" wird, möchte ich hier anhand eines Beispiels erläutern (was sich übrigens vor gut einem Jahr zugetragen hat), wie der § 119 im Kaufrecht Anwendung finden kann.
Herr N. beabsichtigt, einen Universal DVD-Player zu kaufen, der neben der Wiedergabe von DVD-Video auch die Hochbit-Formate DVD-Audio und SACD abzuspielen in der Lage ist.
In einem Fachgeschäft wird er dann auf folgendes Angebot aufmerksam:
SONY DVP-NS930
Spielt alle gängigen Tonformate wie DVD-Video, SACD, DVD-Audio, Video CD, usw… ab.
Unser Preis. EUR ….
Das anschließende Verkaufsgespräch beschränkte sich auf die folgenden Sätze:
Käufer: Ich möchte das Gerät kaufen.
Verkäufer: Ist ein super Player, habe ihn auch zu Hause
Der Kaufvertrag wurde mit der Übergabe des Players an den Käufer, mit allen dafür notwendigen Unterlagen, sowie der Bezahlung des vollen Kaufpreises durch den Käufer abgeschlossen.
Zu Hause angekommen, stellte der Käufer jedoch fest, das der Player DVD-Audio nicht wiedergeben konnte, lediglich die in der Sekundär-Spur enthaltenen Formate Dolby Digital/DTS (sofern vorhanden), konnten mit dem SONY wiedergegeben werden.
Einen Tag später meldete sich der Käufer mit dem Gerät, sowie seiner Rechnung beim Händler, und verlangte die Rücknahme des Gerätes, da er einen Großteil seiner Musik-Software entgegen der Auszeichnung in der Verkaufsausstellung nur eingeschränkt wiedergeben konnte.
Der im Verlauf des Gespräches herbei gerufene Geschäftsführer lehnte die Rücknahme des Players mit den folgenden Begründungen ab:
1. bei der Auszeichnung war die Wiedergabe der Audio CD gemeint!
2. Es sei allgemein bekannt, dass bei SONY-Playern, das Konkurrenz-Format DVD-Audio nicht in den Geräten integriert wird.
3. Es wäre die Pflicht des Käufers gewesen, sich vor Kauf des Gerätes über die Abspielmöglichkeiten näher zu informieren.
Der Käufer wendetet sich daraufhin an die Verbraucherberatung, wo er die Empfehlung erhielt, einen Anwalt in dieser Angelegenheit zu konsultieren, was er auch nach ein paar Tagen in die Tat umsetzte.
Der Rechtsanwalt (spezialisiert u.a. im Kaufrecht) verfasste nun ein Schreiben an den Geschäftsführer, in dem er den Sachverhalt noch einmal darlegte. Als Begründung für seine Forderung zur Rücknahme des Players berief sich der Anwalt auf den § 119 BGB Anfechtbarkeit wegen Irrtums (zu Deinem besseren Verständnis möchte ich diese Begründung nur sinngemäß wiedergeben):
Herr N. hat sich zum Zeitpunkt seiner Willenerklärung > Kaufvertrag des Players, über die tatsächliche Eigenschaft/Einsatzmöglichkeiten des Players geirrt! Dieser Irrtum wurde hervorgerufen durch eine IRREFÜHRENDE BESCHREIBUNG seitens des Verkäufers..
Verwiesen wurde noch auf diverse Aktenzeichen und Grundsatzurteile!
Nach ca. 1 Woche wurde der Player zurückgenommen, dem Käufer wurden alle Unkosten erstattet, und zusätzlich erhielt er als Ausdruck des Bedauerns, einen Warengutschein!
Dies ist wie bereits erwähnt nur ein Beispiel, wo der § 119 zu Anwendung kommen kann! Andere Beispiele wären: Wasserdichte Uhren, die nach studieren der Gebrausanweisung lediglich nur ein paar Wasserspritzer vertragen, Goretex-Jacken die sich bei genauerer Betrachtung als 2 oder 3-lagiges Laminat herausstellen, die Liste lässt sich eigentlich endlos fortführen.
Sicherlich hätte es hier verschiede Ansatzmöglichkeiten wie auch der von Dir angesprochene § 123 BGB Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung (obwohl ich in diesem Fall keine Verbindung zum § 434 Sachmangel erkenne ) gegeben, nur wäre dies sicherlich schwerer zu beweisen gewesen, und zweifelsohne keine "weise" Vorgehensweise. Ein einfaches: "Mein neuer Mitarbeiter hat sich bei der Auszeichnung des Players versehen" hätte gereicht um diesen Ansatz gleich zu Beginn zu torpedieren. Übrigens kann sich solch eine Behauptung ohne eindeutige Beweislage zur Untermauerung, unter gewissen Umständen sehr schnell zum "Bumerang" entwickeln, was dann eine Verleumdungsklage zur Folge haben könnte...
Schließlich wollte oder möchte man hier doch lediglich die Rücknahme der Sache durch den Verkäufer erwirken! Und hier gleich solch schweres Geschütz wie arglistige Täuschung vorwerfen, halte ich in solchen Fällen für unangemessen, und schmälern die Erfolgsaussichten nur unnötig….
So "einfach" sich manch Gesetzestexte auch lesen, und zunächst eindeutig erscheinen, heißt nicht, das diese dann auch pauschal in der PRAXIS anwendbar sind, was ich im o.g. Fall hoffentlich verständlich zum Ausdruck bringen konnte! Dafür ist unser Rechtssystem/sprechung zu komplex.
Gruß
Thomas