imacer hat geschrieben:
Bravado hat es treffend formuliert. Der Staat wird kein besserer Banker sein, da die Leute, die dort beschäftigt sind, nichts von der Materie verstehen und sicher auch kein Risiko eingehen. Aber auch im Risiko liegen große Chancen, hin und wieder geht es halt schief, aber alles in allem waren die letzten Jahrhunderte für die Menschheit doch wohlstands und innovationsfördernd.
Der Staat wird sicherlich kein besserer Banker sein. Da gebe ich dir Recht. Zumal die Politik(Staat) offenkundig Fehler machte und
schon den Begriff eines Wendehalses verdient hat. Man hat die Ideologie vom selbstverständlichen Funktionieren des ungeregelten
Marktes widerspruchslos übernommen und immer wieder nachgebetet. Jetzt ist auf einmal alles hinfällig, alles anders. Es folgt der
abrupte Sinneswandel. Weg vom blanken Marktfetischismus und hin zum Staatsoptimismus. Meine Frage: Wie glaubwürdig ist das?
Im Risiko liegen große Chancen. Nun gut - aber das Risiko, das selbst Leute die von der Materie was verstehen, eingegangen sind, war
mit Sicherheit nicht mehr kalkulierbar. Da wurden Geldmassen in Spekulationsmodelle mit solcher Komplexität versenkt, das nicht mal
mehr viele dieser Banken selbst wussten, wie es sich mit ihrer eigenen Bilanzposition verhält. Und die Verantwortlichen in den
Führungsetagen dieser Banken ließen ihre Trader munter weitermachen, in der Annahme es werde immer gut gehen und die
Finanzwollmilchsauen würden weiter goldene Eier legen. Sowas nenne ich nicht mehr nur Risiko, sondern russisches Roulette mit
verbundenen Augen.
Wo so etwas hinführt, sollte eigentlich noch in den Köpfen präsent sein. Scheinbar nicht. Kurzfristige Risikobereitschaft - und war sie
noch so abstrus - wurde zügellos belohnt und langfristige Planung wurde finanziell bestraft, war uninteressant und kulturell belächelt.
Selbst wenn krass versagt wurde, hat man die Verantwortlichen fürstlich entlohnt und zu Millionären gemacht. So etwas ermutigt
natürlich jegliche Scheu abzulegen und das Hirn abzuschalten. Und zwar kollektiv und Weltumspannend.
Es gibt darauf nicht selten die Entgegnung: Aber es gibt auch seriöse Finanzinstitute, die maßvoll und kalkulierbar handeln, nicht nur
auf das schnelle Geld schielen und eine gute Strategie besitzen. Gern wird in diesem Zusammenhang die Deutsche Bank genannt.
Nun....2005 legte eben diese Bank ihr Geschäftsergebnis für 2004 vor und vermeldete damit, das eine Steigerung des Reingewinns um
87% auf 2,5 Milliarden Euro erreicht wurde. Hervorragende Zahlen. Gleichzeitig wurde aber auch verkündet, das man 6400 Stellen ab-
bauen und die Eigenkapitalrendite auf 25% steigern will. Das absolute Hecheln nach Steigerung der Eigenkapitalrendite ist in meinen
Augen keine solide Strategie. Ist es überhaupt eine Strategie, wenn man geschäftlich so brillant da steht? Aber gut - um am globalen
Markt mithalten zu können, muss man natürlich knallhart auf die Kostenbremse treten. Wenn man gnadenlos auf den shareholder
value fixiert ist, macht das Sinn und ist nur legitim. Für
mich ist das nichts anderes als blanke Gier. Und ja - ich bin kein Aktionär.
Allerdings ist es Quatsch, das Prinzip Gier zu verteufeln und an Banker und Manager zu appellieren, das sie bessere Menschen werden
und damit die Märkte zu besseren Systemen mutieren. Man muss den Markt so nehmen wie er ist. Doch der Staat hat jetzt die
Möglichkeit sich entscheidend in dieses System einzumischen. Er kann/muss Grenzen setzen, Entlohnungsstrukturen bekämpfen, die
ihre Nutznießer zu immer weiterem Risiko treiben und neue Technologien früher erkennen und darauf reagieren. Absichtserklärungen
reichen nicht. Es müssen klare und präzise Regeln her, die den Finanzverkehr regeln. Und vor allem muss denjenigen auf die Finger
geklopft werden, die nicht müde werden immer und immer wieder zu predigen, das der Staat nur stört und der Markt immer die
besseren Antworten hat. Hat er eben nicht!
Das auf dem Finanzmarkt die blanke Gier herrschte und die Eliten vor lauter Freude quasi durchgedreht sind - daran trägt die Politik
ganz sicher große Mitschuld. Hat sie doch durch verschiedenste Gesetze und Erlasse diesem Treiben Tür und Tor geöffnet. Aber man
hat jetzt die Möglichkeit diese Tür zu schließen. Ob das letztlich geschieht wird sich zeigen. Die Chance das dieses "Spiel" nach einer
gewissen Beruhigung doch wieder weitergeht und sich die Böcke zu Gärtnern updaten, ist allerdings mindestens genauso groß.
Das sich die Politik bis zum heutigen Zeitpunkt so hat vorführen lassen, ist nur noch trauig und sollte ihr eigentlich eine Lehre sein.
"Aus Fehlern lernt man!" - heißt es. Ich hoffe es. So richtig glauben mag ich es noch nicht. Man kann viel beschließen und im Vorfeld
ankündigen. Nur muss es auch konsequent umgesetzt werden. Ich bin gespannt, ob man die Versprechen hält und sich nicht doch
wieder die Lobbyisten durchsetzen werden.