bony hat geschrieben:Ich könnte mir auch vorstellen, dass besonders bei der nuWave 35 die Raumakustik eine große Rolle spielt und dass je nach Raum und Aufstellung eine leichte Tendenz zu einem Badewannenfrequenzgang da ist (ich habe die Reflexionen relativ stark bedämpft und ich höre unter relativ kleinen Abständen, womit bei mir das "Verhalten auf Achse" evtl. eine größere Rolle spielt (?))...
Habe lange mit mir gerungen, ob ich zu diesem Thema was schreiben soll ...
Ich halte es nicht mehr aus, es muss jetzt einfach raus...
Ich schreibe es gleich vornweg, damit es möglichst wenige Missverständnisse gibt:
Dies soll kein Verriss der Nubert -Lautsprecher und auch keine Abwertung der Fachkompetenz von Herrn Nubert sein.
Es ist meine persönliche, rein akademische, nüchterne Wertung, welche mich im Übrigen nicht davon abgehalten hat, die Nubert-Lautsprecher zu kaufen (und auch zu behalten (*)).
Ich kann das "schlechte" Abschneiden der nuWave beim Vergleichshören nachvollziehen, ist halt nur etwas pubertär übertrieben und in unangemessene Worte gefasst.
Dafür sehe ich folgende Ursachen:
1. Nubert-Boxen klingen "gegen den Trend", "passen nicht zu den Hörgewohnheiten" von Vielen.
Das liegt einfach daran, dass sich viele Boxen-Bauer damit abfinden, dass Lautsprecher nun mal in den Mitten den besten Wirkungsgrad haben und dadurch viele Boxen recht mitten-betont klingen.
Das klingt (gerade für Stimmen) sehr gefällig und ist (wenn man sich daran gewöhnt hat) auch nicht schlecht. Ausserdem haben viele Boxen einen jeweils "sehr eigenen" Phasengang, was auch unterschiedlich wahrgenommen wird (und z.T. sogar positiv bewertet).
2. Die nuWave 35 habe ich nicht ausführlich gehört, aber auch die nuLine30 (und erst recht der CS-40) klingen in meinen Ohren "etwas dumpf", "leicht pappig" oder wie immer man das nennen mag. Wenn die nuWave genauso klingt, dann kann ich das Urteil nachvollziehen (auch wenn ich es nicht so formuliert hätte).
Ich habe das "Klang-Problem" noch nicht messtechnisch erfasst, aber mein Forschergeist hat mich regelrecht dazu genötigt, die Teile mal aufzuschrauben und mir die Lautsprecher und die "aufwändigen Hitech-Frequenzweichen" (O-Ton Nubert) mal etwas genauer anzusehen...
Die Lautsprecher sind recht gut, Resonanzen werden weitestgehend durch hohe Eigendämpfung vermieden.
Zur Weiche schreibt Nubert im Datenblatt:
"
Um jedoch neben perfekter Linearität auch noch ein praktisch perfektes Impulsverhalten erreichen zu können, musste für alle 7 frequenzabhängigen Bauteile des Tieftöner-Ersatzschaltbildes elektrisch (mit Hilfe der Weiche) und mechanisch (mit Hilfe von Gehäuse-Geometrie und -Dämpfung) die ideale Kompensation gefunden werden."
Wer sich mit dem Thema schon mal ausführlicher beschäftigt hat, der weiss, dass die "7 frequenzabhängigen Bauteile des Ersatzschaltbildes" eben wirklich nur
Ersatz-Elemente für eine einfache Erfassung des Eigenverhaltens eines Lautsprechers sind. Ein Teil davon resultiert aus dem mechanischen Schwingungsverhalten des Lautsprechers, ein Teil auch aus der Einkopplung in die Luft (und Rückkopplung aus der Luft/Gehäuse/Raum etc.).
Diese verschiedenen Faktoren bilden jeweils für sich unterschiedlich wirkende schwingungsfähige Systeme...
Deren Wirkung versucht Nubert mit RLC-Gliedern (andere, ebenfalls schwingungsfähige elektrische Systeme) auszugleichen.
Zynisch formuliert könnte man sagen: "Er treibt den Teufel mit dem Beezlebub aus".
Im Datenblatt steht: "
Mit den einfachen (und billigen!!) 6-dB-Weichen, die oft aus nur einem Bauelement für jedes Lautsprecher-Chassis bestehen, kann man das schwingungstechnische Eigenleben von Lautsprecher-Systemen nicht kontrollieren."
Dieser Satz suggeriert im verwendeten Zusammenhang, man könne das schwingungstechnische Eigenleben von Lautsprecher-Systemen mit der "aufwändigen Hitech-Frequenzweichen" kontrollieren.
Kann man aber nicht, man kann bestenfalls versuchen, es zu
kompensieren.
Dazwischen liegt ein kleiner aber feiner Unterschied:
Wenn die Parameter der "7 frequenzabhängigen Bauteile" des Lautsprechers nicht exakt mit dem Prototypen übereinstimmen (wegen Fertigungs-Toleranzen, Temperatur und Luftfeuchte, Raum-Akustik, Aufstellung etc.), dann geht die Kompensation daneben. Und knapp daneben ist auch vorbei!
Ausserdem ist ein Teil der
Ersatz-Elemente nur die vereinfachte Nachbildung von akustischen Effekten, die sich Aufgrund der Verzögerungszeiten durch Schall-Laufzeit etc. mit den klassischen Methoden der Vierpol-Analyse nurnoch bedingt erfassen lassen. D.h. Teile des Lautsprechers verhalten sich wie ein verteiltes System und für verteilte Systeme gelten viele der allseits beliebten (und auch in Messgeräten implementierten) Formelsätze nicht (da hätte man mal das "Kleingedruckte" lesen sollten

). Insbesondere die Fourier-Transformation (Hin- wie Rück-) für den Übergang zwischen Zeit- und Spektralbereich ist bei solchen Systemen nicht mehr allgemeingültig anwendbar...
Das bedeutet letzten Endes, dass unterschiedliches Ein- und Ausschwingverhalten von Box und zugehörigem Kompensations-Element in der Weiche bei natürlichen Geräuschen anders wirken kann, als bei den Mess-Signalen.
So kann es dann kommen, dass die Lautsprecher mit den von Nubert angewendeten (und durchaus branchenüblichen) Messverfahren nahezu fehlerfrei sind, aber trotzdem "irgendwie eigen" klingen (*)...
Aber nochmal:
Diese Effekte bewegen sich (bei vernünftiger Aufstellung) auf einem äusserst subtilen Niveau.
Im Direkt-Vergleich ggf. hörbar, aber die Probleme anderer Boxen in dieser Preisklasse sind z.T. wesentlich gravierender (und werden je nach Hörgewohnheiten bereitwillig angenommen

)
Fußnote: (*)
Ich persönlich bin mit dem Klang auch nicht 100% zufrieden (auch wenn es schon mal um Welten besser ist, als das Teufelszeug), habe aber die genaue Ursache noch nicht so recht erfasst (bis auf's oben dargelegte Grundsätzliche). Für mich ist's allerdings kein Problem, das in aller Ruhe nachzumessen und ggf. noch etwas Fein-Tuning an den Weichen vorzunehmen.