Damit sind wir beim Thema dieses Threads. Meinem Lieblingsalbum mit Bruce Dickinson am Mikrofon. Würde ich eine Rangliste aller Maiden Alben erstellen, so würde "Piece of Mind" ganz, ganz knapp hinter "Killers" die Ziellinie überqueren. Dabei ist "Piece of Mind" sicherlich das bessere Album, wenn man versucht die Werke objektiv zu betrachten. (Was mir leider völlig unmöglich ist, IMHO kann Kunst nicht objektiv bewertet werden.)
Zunächst, man kann bei Maiden einfach nicht anders, muss man das Cover-Artwork von Derek Riggs geniessen. Ich liebe diese unglaublich geilen Bilder -ich möchte eher Gemälde schreiben- von Eddie einfach. Kein Bandmaskottchen wurde jemals prägnanter und schöner auf unzähligen Alben- und Single-Covern verewigt. Diesmal sehen wir unseren Liebling angekettet und mit einer Zwangsjacke bekleidet, eingesperrt in eine Gummizelle. Er scheint über seinen Zustand nicht sehr erfreut, zumindest wirkt seine Mimik ein wenig gereizt. Blickt man auf die Rückseite, so steht die Türe der Zelle offen. Siehste Eddie, so leicht bist du nicht zu halten. Ich erinnere mich noch gut an das schöne, aufklappbare Cover der LP. Die Band sass um eine festliche Tafel, auf der diverse Köstlichkeiten liebevoll angerichtet präsentiert wurden.
Nun aber zur Musik. Mit "Where Eagles dare" geht es gleich in die Vollen. Offensichtlich mag Komponist und Texter Steve Harris den gleichnamigen Film aus dem Jahre 1968, in dem Clint Eastwood und Richard Burton gewaltig diversen Truppen der Nazis in den Allerwertesten treten. Musikalisch zeigt sich der Stil der Band deutlich erweitert. Damals -1983- gab es den Begriff "Prog-Metal" noch nicht, doch "Where Eagles dare" kommt diesem Begriff schon sehr nahe. Den instrumentalen Mittelteil mit seinen zahlreichen Breaks, ich liebe ihn einfach! Natürlich gefallen mir auch die Lyrics sehr gut, ich sehe Eastwood im Sekundentakt die Gegner niedermetzeln. Ein verdammt genialer Einstieg! Überhaupt ist "Where Eagles dare" einer meiner absoluten Lieblinge von Maiden. Der zweite Song wird von Bruce Dickinson beigesteuert. "Revelations" kommt mit gedrosseltem Tempo daher, zeigt sogar leicht balladeske Züge, geht aber zwischendurch immer wieder ab wie Nachbars Katze, wenn ihr unser Killerhund dicht auf den Fersen ist. Gewissermaßen -ja, ich liebe dieses sinnfreie Wort- wird das Album von zwei Monumenten eröffnet. Interessanterweise sind jedoch die folgenden Songs bekannter, scheinbar bei den Massen beliebter. "Flight of Icarus" wurde als Single ausgekoppelt und verfehlte nur knapp die britischen Top Ten. Ein kompakter, straighter Song. Man kommt direkt zur Sache, der Refrain ist sehr einprägsam, das Gitarrensolo von solider Qualität. Sicher eine sehr gute Wahl für eine Single. An dieser Stelle muss ich erneut auf die genialen Gemälde von Derek Riggs hinweisen, denn auch "Flight of Icarus" bekam ein phantastisches Cover spendiert. "Die with your Boots on" setze damals den Schlusspunkt der ersten Seite des Albums. Der Song gilt heute als Klassiker, ich mag ihn sehr gern, aber die unglaubliche Macht und Intensität der beiden ersten Stücke erreicht "Die with your Boots on" nicht vollständig.
Die zweite Seite des Albums beginnt mit "The Trooper". Ebenfalls eine Single-Veröffentlichung, mit der Iron Maiden eine weitere Platzierung in den britischen Top Twenty verbuchen konnten. Ein Kumpel sagte vor einigen Jahren zu mir: "The Trooper" hört sich an, als würde man "Die with ypur Boots on" plötzlich "richtig herum" spielen". Ööhmm... Ja!? Wie dem auch sei, im Gegensatz zur anderen Single "Flight of Icarus", kommt "The Trooper" nicht ganz so geradeaus daher. Hat sich der Song aber erstmal im Gehör eingenistet, bekommt man die Melodie nicht wieder aus dem kranken Schädel. Ich verzichte an dieser Stelle auf den Hinweis, dass die Single ebenfalls ein tolles Cover zu bieten hat. "Still Life" beginnt mit einer geisterhaften Stimme, der Protagonist des Songs scheint vom Wahnsinn langsam in den Abgrund gezogen zu werden. Diese bedrohliche, unheimliche Stimmung hat man musikalisch sehr schön eingefangen. "Quest for Fire" erzählt eine Geschichte aus grauer Vorzeit, die wohl auf dem Film "Am Anfang war das Feuer" basiert. Angenehmes Midtempo bestimmt hier die Kulisse, vielleicht hätte ich diesem Stück sogar den Vorzug vor "The Trooper" gegeben, was das Thema Veröffentlichung als Single angeht. Nun erfreut uns eine kleine, fast vergessene Perle: "Sun and Steel" drückt ordentlich aufs Gaspedal. Dieser Song hätte auch sehr gut in die Paul Di'Anno Phase gepasst. Der Refrain ist sehr eingängig, daher wäre "Sun and Steel" eine weitere, brauchbare Single gewesen. "To tame a Land" setzt den Schlusspunkt. Ein göttliches Finale! Wie der Opener "Where Eagles dare" kann man "To tame a Land" durchaus als progressiv bezeichnen. Wieder eine Komposition aus der Feder von Steve Harris. Erneut bin ich der Ansicht, dass wir hier einen DER besten Maiden Songs überhaupt geboten bekommen. Der Roman "Der Wüstenplanet" lieferte die Vorlage für den Text. Offensichtlich ist Herr Harris ein wahrer Freund der Film- und Schreibkünste. Sehr lobenswert, Herr Harris.

Was kann man zusammenfassend über "Piece of Mind" sagen? Maiden bieten hier phantastische, progressive Meisterwerke aber auch kompakte, sehr einprägsame Songs. Der Bass von Obermotz Steve Harris klang nie besser und bei aller Prägnanz kommt er immer songdienlich daher. Der neue Drummer fügt sich perfekt ins das stimmige Gesamtbild ein. Bruce Dickinson lässt seinen Vorgänger endgültig alt aussehen. (Ich habe dich trotzdem gern Paul, vergessen werde ich dich sowieso nie!)
Weitere Empfehlungen:
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Iron Maiden (1980) : Das Debüt. Roh und wild. Ein wahrer Klassiker!
Killers (1981) : Siehe Rezi. Ich liebe diese Scheibe!
Number of the beast (1982) : Der Einstand für Bruce Dickinson. Nicht unbedingt mein Lieblingsalbum der Band, aber es darf in dieser Liste nicht fehlen.
Powerslave (1984) : Ein Klassiker jagt den anderen. Auch die weniger beachteten Songs wie "Flash of the Blade" oder "Back in the Village" sind grosser Sport!
7th Son of a 7th Son (1988) : Hatte man schon auf dem Vorgängerwerk "Somewhere in Time" dezent mit Gitarrensynthesizern experimentiert, gibt es hier sogar geringfügigen Keyboardeinsatz. Dies sorgte in der konservativen Metal-Szene für leichte Irritationen.
Virtual XI (1998) : Blaze Bayley hatte Bruce Dickinson schon auf dem Album "The X-Factor" ersetzt. Warum man einen derat durchschnittlichen Sänger verpflichtete ist mir rätselhaft. Wie dem auch sei, zu den -für Maiden Verhältnisse- recht simpel gestrickten Songs passt diese Stimme recht gut. Ganz sicher kein Meisterwerk, aber doch frisch klingend. Ist mir lieber als eine ausgebrannte Band. Wie sich das anhört kann man anhand des missglückten "No Prayer for the Dying" überprüfen.
Brave New World (2000) : Dickinson kehrt zurück und man läuft überwiegend zu alter Klasse auf. Tolles Comeback!