bombi hat geschrieben:
Wie sollte nach Euren Vorstellungen ein rein für Heimkinozwecke genutzter
Raum im Hinblick auf Bedämpfung beschaffen sein?
Manche Zeitgenossen kleiden ihren Raum vollständig mit Teppich oder
Ähnlichem aus, andere bedämpfen nur die Frontpatie und verzichten im
Rear-Bereich aufgrund der erwünschten Reflexionen völlig auf Bedämpfung.
Raumreflexionen haben positive und negative Eigenschaften.
Eine positive Eigenschaft von Reflexionen ist, daß die Lautstärke erhöht
wird. Man benötigt weniger Verstärkerleistung oder erreicht mehr
Endschalldruck. Der Effekt macht bei typischen Wohnräumen +3 dB bis +7 dB
aus (man benötigt gegenüber einem "schalltoten" Raum nur 50% bis 20% der
elektischen Leistung).
Eine zweite positive Eigenschaft ist, daß der Hot Spot vergrößert wird,
ein größerer Teil des Raumes weist akzeptable Stereoabbildung auf.
Leider wird die Stereoabbildung dabei auch verwaschener. Zweischneidiges
Schwert also.
Eine weitere notwendige Eigenschaft bei 2-Kanal- oder 3-Kanal-Stereophonie
ist, daß die Relexionen für Schallanteile aus Richtungen verantwortlich sind,
in denen kein Lautsprecher einen Beistrag leistet, weil dort keiner steht.
Wer 2-Kanal-Stereo schon mal in einem schalltoten Raum gehört hat, weiß
wovon ich rede. Es klingt furchtbar trocken, man fühlt sich von hinten
bedroht. Es klingt als wenn die Rückwand rausgefallen ist und jeder
in den Raum reinspazieren kann.
Man hat zwar durch die Reflexionen rückwärtige und seitliche
Schallanteile. Aber diese haben mit denen am Aufnahmeort meist recht wenig
gemeinsam. Das ist aber wesentlich beser als nichts. 2-Kanal-Stereo
benötigt einen Raum mit Reflexionen.
Kommen wir zu den Nachteilen.
Reflexionen sind die Ursache von stehenden Wellen, Raumresonanzen,
Verfärbungen durch Räume. Das Problem ist bei typischen Wohnräumen eines der
Hauptproblme bei der hochqualitativen Musikwiedergabe, die kaum lösbar sind.
Ein optimaler Raum für hervorragende Widergabe fängt so ab 10m x 15m
Grundfläche und 6m Höhe an. Wer sich so was leisten kann, für den sind
Lautsprecherpreise, egal welche, zweitrangig.
Das Problem ist überhaupt erst dadurch erträglich, weil der Raum auch alle
anderen Geräusche (bis hin zu Außengeräuschen) ähnlich verfärbt und daher
die Verfärbungen durch das Gehirn teilweise "rausgerechnet" werden. Aber
wehe, man nimmt den Raumklang per Mikro auf und hört sich das ganze über
Kopfhörer in einem anderen Raum an. Es klingt meist scheu...
Fassen wir zusammen:
Ein neutral klingender Raum sollte entweder sehr groß oder stark gedämpft
sein. 2-Kanal-Stereo in einem stark gedämpften Raum klingt unangenehm.
Die "Raumsimulation" durch den Hörraum bei 2-Kanal-Stereo hat mit dem
Aufnahmeort meist wenig gemeinsam.
Was passiert nun bei 5-Kanal, 6-Kanal, 7-Kanal, Mehr-Kanal-Wiedergabe?
Die Relexionen des Aufnahmeraums sind auf der Konserve drauf. Man ist nicht
mehr auf die Raum-Relexionen angewiesen. Man kommt mit wesentlich weniger
Raumreflexionen aus. Die Relexionen stimmen vom Klang her mit denen im
Film überein, der Regen im Urwald klingt nicht mehr wie, als wenn es in
die eigene Wohnhöhle einregnen würde.
Bei Mehrkanalwiedergabe geht die Raumakustik daher mehr in die Richtung:
- wenig Raumreflexionen, trockene Raumakustik
- Raumakustik ist auf der Konserve, passend zum Bild (Video) bzw.
zum Aufnahmeraum (Audio)
- angenehmer Nebeneffekt: weniger Verfärbungen durch den Raum, man
kommt mit wesentlich kleineren Räumen aus
- Mehr Verstärkerleistung
Bei der Bedämpfung des Raumes muß man aber darauf achten, nicht nur die
hohen Frequenzen zu bedämpfen, sondern auch mittlere und tiefe. Mit Teppich
und dicken Vorhängen ist es nicht getan. Ideal ist Gipskarton (Tiefen) über
halbgefüllte (Bücher etc.) offene Regale (Mittelton), Deckenverkleidung
(Tief- und Mittelton), dicke Auslegeware (Mittel- und Hochton). Pflanzen
sind ziemlich wirkungslos. Die absorbierende Fläche ist für
Wohnraumverhältnisse zu klein, wenn man aus dem Wohnzimmer kein Tropenhaus
machten möchte.