Ich bitte auch alle, die sich an dieser Diskussion beteiligen wollen, um einen sachlichen und fairen Umgang miteinander.
Worum geht es: Angeregt durch die Diskussion um Kabelklang habe ich versucht, mal einer der vorgeblichen Ursachen auf den Grund zu gehen.
Manche Hersteller behaupten, dass Kabel eine bestimmte Laufrichtung besitzen, in der sie vorzugsweise angeschlossen werden sollten. Als Grund wird genannt, dass bei der Herstellung der Kabel sich die Mikro-Kristallstruktur des Kupfers verändert, sprich, sich die Kristalle in Ziehrichtung anordnen.
Ich zitiere einmal von der Seite eines bekannten Kabelherstellers (die darin enthaltenen orthografischen und grammatischen Fehler stammen nicht von mir):
1. Dass beim Ziehen von Kabeln eventuell die Ausrichtung der Kupfer-Mikrokristalle beeinflusst wird, ist ja nachvollziehbar, aber inwiefern soll das asymmetrische Auswirkungen auf die Leitfähigkeit haben? Der kristalline Aufbau von Kupfer ist kubisch flächenzentriert, also vollkommen symmetrisch. Innerhalb eines Kupferkristalls kann es also keine bevorzugte Laufrichtung geben. Es könnte höchstens dort, wo sich einzelne Kupferkristalle berühren, zu kapazitiven Effekten und Übergangswiderständen kommen - bei kristalliner Ordnung in Längsrichtung des Leiters weniger als in Querrichtung. Allerdings: Es gibt dann auch nur eine Längs- und eine Querrichtung, und nicht etwa eine wie immer geartete Polung der Kristalle. Es müsste demnach egal sein, in welcher Richtung der Strom durch das Kabel fließt, solange er nicht quer fließt (was er aufgrund des Potentialgefälles nicht tun kann).Alle Metalle sind Kristalle. Sie weisen deshalb richtungsgebunden Unterschiede in ihren Eigenschaften auf.
VOVOX® Klangleiter basieren auf Solid Core Leitern, also auf Drähten und nicht auf Litzen, welche aus einer Vielzahl feiner Drähtchen bestehen. Bei der Produktion von Litzen werden viele Prozessschritte durchlaufen, welche bewirken, dass aus statistischen Gründen eine grosse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die einzelnen Drähtchen einer Litze nicht die selbe Laufrichtung aufweisen. In der Summe heben sich dann die Laufrichtungseffekte auf. Bei VOVOX ist dies nicht der Fall.
2. Völlig unverständlich bleibt, wie sich die Laufrichtung auf die bei Audiosignalen vorherrschenden Wechselstöme auswirken soll. Eher im Gegenteil: würde dann nicht das Signal erst recht verzerrt? Würden positive Halbwellen dann nicht besser geleitet als negative? Müsste man nach diesem Argument nicht sogar fordern, dass ein Kabel keineswegs laufrichtungsgebunden sein darf?
Interessant ist, dass die meisten Hersteller von laufrichtungsgebundenen Kabel nicht nur auf dieses Argument gar nicht eingehen, sondern auch das Wort Wechselstrom scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
Was auch immer vergessen wird: selbst die teuersten Kabel verbinden ja nur zwei Anschlüsse miteinander. Der komplette Signalpfad erstreckt sich aber nicht nur über die verbindenden Kabel, sondern über alle aktiven und passiven Komponenten in der Wiedergabekette. Was nützen da ein paar teure Kabel, wenn die Leitungsqualität in den anderen Komponenten schlecht ist?
Dieses Argument entkräftet der zitierte Hersteller so:
Der letzte Satz ist übrigens zweifellos richtig: der Einfluss etwa von Lautsprecher oder Mikrofon, oder von der Akustik eines Hör- oder - Aufnahmeraums ist um ein Vielfaches größer als der eines vernünftig dimensionierten Kabels. Wer wird das bestreiten wollen?Die insgesamt erreichbare Klangqualität ergibt sich aus der Summe der verschiedenen Glieder in der Übertragungskette. Es gilt also nicht die 'Flaschenhals-Regel', wonach sich die ganze Kette einzig nach der Qualität des schlechtesten Kabels richtet. Vielmehr tragen alle Teilstücke zum Gesamtklang bei und durch die Optimierung jedes Teilstückes lässt sich schrittweise eine Verbesserung erreichen. Allerdings ist es so, dass der Anteil, den verschiedene Teilstücke am Gesamtklang haben können, unterschiedlich gross ist.
Aber der erste Teil der Aussage bedeutet doch, überspitzt formuliert:
Hänge ich 5 m Standardkabel und 5 m hochwertiges Kabel hintereinander, ergibt sich nach der Summentheorie: 5 m mäßiger Klang + 5 m überragender Klang = 10 m guter Klang. Für diese abenteuerliche Theorie wird allerdings nicht das geringste Argument geliefert.
Nun ist es natürlich theoretisch vorstellbar, dass es mikroskopische Materialeffekte gibt, die aus noch unbekannten Gründen einen Einfluss auf den Klang haben. Selbst ein Nobelpreisträger kann nicht das Gegenteil beweisen, wenn jemand behauptet, es gebe einen noch nicht entdeckten physikalischen Effekt, der den Kabelklang erklärt. Aber die Beweislast liegt in diesem Fall nicht beim Zweifler, sondern bei dem, der vorgibt, dass es so ist.
Bisher wurde meines Wissens noch kein physikalischer Effekt genannt, der nachweisbar den angeblichen Vorteil richtungsgebundener Kabel erklären kann. Und dann kommt letztendlich wieder das ultimative und letzte Instrument, nämlich unser Gehör zum Tragen:
Wenn mir ein Kabelhersteller durch einen objektiven Hörvergleich (und das kann nur ein aufwändiger und von unabhängigen Testleitern überwachter Blindtest sein) beweist, dass seine Kabel besser klingen, dann werde ich das selbstverständlich auch ohne wissenschaftliche Erklärung akzeptieren.
Umso gespannter war ich deshalb auf die Klangbeispiele, die auf dieser Herstellerseite zu finden sind:
http://www.vovox.com/neu/content_d/02_03_03.html
Es handelt sich hierbei um einen Mikrofonkabel-Vergleichstest. Dieser wäre tatsächlich aussagekräftig, denn das Mikrofon stellt ja das erste Glied in der gesamten Produktions- und Wiedergabekette dar, und was bei der Aufnahme an Details verloren geht, kann nie wieder reproduziert werden.
Beim ersten Anhören hat es mich überrascht: die Aufnahme mit dem teuren Kabel hörte sich für mich tatsächlich besser an: brillanter, kraftvoller und auch räumlicher. Doch dann wurde ich stutzig und hörte genauer hin. Nach kurzer Zeit wurde klar: es handelt sich überhaupt nicht um dieselbe Aufnahme, sondern um zwei Aufnahmen, die zeitlich nacheinander gemacht wurden.
Dass man so etwas nicht vergleichen darf, liegt auf der Hand: die Performance des Musikers, der Mikrofonabstand und Einsprechwinkel, das sind Sachen eines Augenblicks und lassen sich niemals genau reproduzieren. Ich will gar nicht mal unterstellen, dass der Musiker parteiisch zugunsten seines Auftragsgebers war, aber peinlich ist doch, dass er sich in der Aufnahme mit dem Billigkabel sogar verspielt. Seine Performance ist also eindeutig schlechter.
Ich bin dann der Sache weiter auf den Grund gegangen und habe beide Aufnahmen mit professionellen Audio-Werkzeugen analysiert. Ergebnis: die besser klingende Aufnahme hat einen um fast 0,5 dB höheren Spitzenpegel und sogar einen um 1 dB höheren mittleren (RMS)-Pegel. Jeder, der schon mal von Psychoakustik gehört hat, weiß, dass schon eine geringfügig höhere Lautstärke als Verbesserung empfunden wird. Selbst wenn dieser Pegelunterschied - was ich nicht glaube - durch verbesserte Kabeleigenschaften bewirkt würde, so braucht man dafür nicht den verlangten Mehrpreis zu zahlen. Es genügt, das Mikrosignal einfach ein kleines bisschen mehr zu verstärken, um denselben Effekt zu erzielen.
Was die anfangs von mir empfundene verbesserte Räumlichkeit anbelangt: Die Position der Stimme verändert sich bei der zweiten Aufnahme etwas, wahrscheinlich weil der Sänger sich bewegt hat (absichtlich?). Jedenfalls bewirkte dieses Wandern den genannten räumlichen Effekt, er hat also nichts Kabelqualität zu tun.
Ich zitiere noch einmal von der Website des Herstellers:
Mit einem sehr genauen FFT-Frequenzanalysator habe ich dann noch einmal beide Aufnahmen untersucht auf der Suche nach dem angeblichen Vorteil. Es gibt beim Frequenzbild keinen merklichen Unterschied, der auf verbesserte Wiedergabe des teureren Kabels deuten lässt. Es sind nicht etwa mehr Höhen und Bässe vorhanden. Allerdings muss man immer wieder daran denken: es handelt sich um verschiedene Aufnahmen, die man eigentlich nicht direkt vergleichen kann.VOVOX® Klangleiter übertragen das gesamte Frequenzspektrum mit geringsten Verlusten. Der Klang wird dadurch sehr brillant und präsent. Gleichzeitig gewinnen Bässe an Tiefe und Klarheit.
Es gibt also auf dieser Website eines renommierten und bei Toningenieuren geschätzten Kabelherstellers keinen einzigen theoretischen oder praktischen Beleg für die bessere Klangqualität dieses Kabels. Das sei nur ein Beispiel, denn die anderen Hersteller tun sich auch mit der Beweislast sehr schwer. Dabei wäre es - jedenfalls bei einem Mikrofonkabelvergleich - ganz einfach:
a) Herstellerseite:
1. Man mache eine hervorragende Aufnahme mit dem besten und teuersten Equipment. Für den Hersteller von teuren Kabeln, dürfte es kein Problem sein, dafür ein gutes Studio zu buchen. Alternativ wähle man eine Referenzaufnahme auf z.B. auf SACD oder CD.
2. Man stelle nun das Mikrofon vor eine hochwertige und lineare Lautsprecherbox, spiele die Aufnahme darüber ab und nehme sie erneut zweimal auf, wobei man alles exakt gleich belässt, außer dem Mikrofonkabel, das man austauscht.
3. Die beiden Aufnahmen sollten pegelgleich sein, wenn die Mikrofonkabel gleich lang sind und vernünftige elektrische Kennzahlen aufwiesen. Falls der Pegel trotzdem unterschiedlich ist, sollte er exakt angeglichen werden. Diese beiden Files biete man zum Download an.
b) Kundenseite:
1. Der Kunde (Testperson) braucht einen Assistenten (Ehepartner, Freund). Bei den folgenden Schritten sollte die Testperson nicht sehen können, welche Aufnahme ausgewählt wird.
2. Der Assistent spielt der Testperson in vollkommen willkürlicher Reihenfolge die Audiobeispiele vor, jedoch nicht immer abwechselnd, sondern wirklich rein statistisch (er kann die Reihenfolge z.B. auswürfeln).
3. Die Testperson hat eine Tabelle mit den Spalten Kabel A, Kabel B und Weiß nicht vor sich. Dort trägt sie ihre Hörergebnisse ein, wobei das allererste Beispiel Kabel A zugeordnet wird.
4. Nach einer genügend großen Anzahl von Vergleichen (mindestens im zweistelligen Bereich) wird die Tabelle analysiert: konnten zu deutlich mehr als 50% Kabel A und B einem der beiden Files richtig zugeordnet werden, dann hört die Testperson mit statistischer Relevanz einen Unterschied. Ist die Zuordnung eines Files zu einer Spalte nur in 50% oder weniger der Fälle richtig, hat er geraten.
5. Zum Schluss fragt der Assistent die Testperson noch, welches Kabel (wenn überhaupt) für ihn besser geklungen hat (Kaufentscheidungskriterium).
Auf diese Weise könnten also Mikrofonkabel vom Verbraucher mit untrüglicher Sicherheit getestet werden, ohne das er deshalb eines kaufen muss. Der Hersteller brauchte sich bloß nicht zu scheuen, solche Audiobeispiele ins Netz zu stellen und dem Kunden damit eine wirklich objektive Entscheidung zu ermöglichen.
Nun sind Mikrofonkabel für HiFi-Anwender wenig interessant. Könnten nach dem gleichen Prinzip beispielsweise auch Boxen- oder Cinch-Kabel getestet werden? Etwa, indem man eine CD über eine hochwertige Anlage in einem optimierten Abhörraum überträgt und wie beschrieben mit hochwertigem Mikrofon und Equipment aufnimmt, dieses Mal aber nicht das Mikrofonkabel in der Aufnahmekette, sondern die Kabel in der Abspielanlage austauscht?
Nur dann, wenn die These des hier zitierten Herstellers richtig wäre, dass nämlich der gute Klang die Summe aller Bestandteile ist und die Flaschenhalstheorie, nach der das schlechteste Element (in diesem Fall wahrscheinlich das Equipment des Testers zuhause) die Qualität der Wiedergabe bestimmt, falsch wäre.
Es liegt also an den Herstellern, uns zu überzeugen. Wenn ihre Theorien richtig wären, müssten sie dazu in der Lage sein.