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Frequenzweichen-Bauarten
Verfasst: Mi 3. Dez 2003, 22:45
von Gast
Hallo Leute,
ich würde gerne wissen, worin sich 2,5-Wege, 2-Wege+SubBass und 3-Wege Boxen unterscheiden.
Nubert scheint ja 2-Weg+Sub zu favorisieren. Welche Vorteile hat das gegenüber 3-Wegen? Kostenvorteile können es ja kaum sein bei dem Aufwand, der bei Nuberts Frequenzweichen getrieben wird.
Vielen Dank im Voraus (und falls möglich, erklärt es mir bitte wie einem kranken Gaul - langsam und in einfachen Worten
)
Gruss
Verfasst: Mi 3. Dez 2003, 23:01
von pinglord
Du kannst mit Hilfe von Kondensatoren, Spulen und Widerständen Hoch- bzw. Tiefpass-Filter aufbauen. Dann benötigst du (mal angenommen man bleibt ganz simpel):
- für eine 2-Wege Konstruktion einen Hochpass für den Hochtöner-Zweig und einen Tiefpass für den Tieftönerzweig.
- für eine 2-Wege + Subbass Konstruktion einen Hochpass für den Hochtöner Zweig, einen Tiefpass für den Tief/Mitteltöner, und weitere Tiefpässe für jedes Subbass Chassis.
- für eine echte 3-Wege Box einen Hochpass für den Hochtöner, einen Tiefpass für den Tieftöner, und einen Hochpass PLUS Tiefpass für den Mitteltöner.
Durch solche Hoch/Tiefpässe mit Kondensatoren/Spulen ändert sich jedoch nicht nur die Übertragungsfunktion der Amplitude (also welche Frequenzen kommen durch welche nicht), sondern auch die Übertragungsfunktion der Phase - man spricht davon, dass Phasendrehungen* auftreten. Je stärker man die Filter auslegt (indem man z.B. einen einfachen Tiefpass 2x hintereinander setzt), desto stärker werden auch die Phasendrehungen.
Nun besteht wohl der Nachteil von Phasendrehungen in Problemen beim Übergangsbereich (Trennfrequenzen) und schlechterer Ortbarkeit der Instrumente. Hörbar sollen Phasendrehungen jedoch nur im Tieftonbereich (-> Gruppenlaufzeit, "hinterherhinkender Bass") oder wenn sie sehr dolle sind, sein. Ich habe das nicht nachprüfen können
. Na jedenfalls meint Herr Nubert, mit 3-Wege Weichen könnte er bei Passivboxen nie die Ergebnisse erzielen, die seine 2 1/2 Weger hinkriegen. D.h. die Nachteile überwiegen bei passivem LS-Konzept die Vorteile.
*zur Veranschaulichung: Man zeichne sich eine Sinusfunktion (= ein Ton) als Kreis in einer Ebene. Dann kann man die Sache mit dem Phasenwinkel gut visuell mit Kreiszeigern darstellen.
Verfasst: Do 4. Dez 2003, 11:17
von bony
eine interessante Diskussion zu diesem Thema ist auch hier zu finden:
http://www.nuforum.de/nuforum/viewtopic ... 57&start=0
Verfasst: Do 4. Dez 2003, 16:05
von AH
Hallo,
die Begriffe sind meines Wissens nicht klar definiert.
Eine Zweiwegebox mit Subwoofer hat zwei Frequenzübergänge,
wobei einer bei ca. 100Hz liegt. Man könnte eine solche Konstruktion mit gewissem Recht auch als Dreiwegelautsprecher bezeichnen, jedoch versteht man üblicherweise unter einem Dreiwegelautsprecher etwas anderes.
Unter einer Zweieinhalbwegebox wird üblicherweise eine Konstruktion verstanden, wo zwei Lautsprecher einen Frequenzberech gemeinsam abdecken (typischerweise den Tieftonbereich), jedoch einer der beiden Lautsprecher (typischerweise zu hohen Frequenzen) von der Frequenzweiche langsam "ausgeblendet" wird, um das Abstrahlverhalten gleichmäßiger zu gestalten.
Dreiwegeboxen werden im Regelfall so verstanden, daß es einen regelrechten Mitteltöner gibt, dessen Bandbreite auf höchstens etwa drei Oktaven begrenzt ist. Typische Frequenzübergänge zwischen Tieftöner und Mitteltöner liegen um 300......800Hz, der Mitteltöner hat typischerweise 50mm bis 90mm Membrandurchmesser.
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Vorteile von Dreiwegeboxen:
Geringere Bandbreite der Einzelsysteme, daher
- geringere Intermodulationsverzerrungen (nicht-harmonische Verzerrungen, daher subjektiv sehr störend)
- geringere thermische Belastung der Einzelsysteme (Powerkompression)
Da der Mitteltöner klein gegen die Wellenlänge gehalten werden kann:
- weniger Probleme mit Partialschwingungen im Mitteltonbereich
- stetigeres Bündelungsmaß / Diffusfeld-Frequenzgang
Aufgrund des höheren Frequenzübergangs low-mid hat das Dreiwegesystem zudem Vorteile bezüglich des (hörbaren) Phasenverhaltens (group delay) gegenüber Zweiwegesystemen mit Subwoofer. Man kann bei 500Hz durchaus ein Filter 4. Ordnung einsetzen, ohne das die hörbaren Laufzeitverzerrungen (knapp 2ms group delay, das entspricht auch etwa die Hörschwelle im Mitteltonbereich) gehörmäßig in Erscheinung treten.
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Allgemein können die Einzellautsprecher viel besser optimiert werden, wenn deren Bandbreite klein ist. An zwei Beispielen:
Es gibt einen Konflikt zwischen Minimierung von Partialschwingungen (innere Dämpfung, wichtig für Frequenzen, deren Wellenlänge klein gegen den Lautsprecher ist ) und Membrandeformation bei großen Amplituden. Der ideale Baß und der ideale Mitteltöner haben ziemlich unterschiedliche Eigenschaften, der ideale Baßmitteltöner ist (nur) ein guter Kompromiß, jede einseite Optimierung führt zu Nachteilen in der anderen Disziplin.
Zweitens: Kennempfindlichkeit vs. Bandbreite: Ein Lautsprecher mit einer tief liegenden Eckfrequenz des akustischen Hochpasses (Baßtauglichkeit!) hat physikbedingt immer eine schlechtere Kennempfindlichkeit, verglichen mit einem reinen Mitteltöner mit hoch liegender Resonanzfrequenz.
Mit drei Wegen läßt sich die Kennempfindlichkeit im wichtigen Mittenbereich erhöhen, was verschiedene positive Auswirkungen (z.B. geringere Powerkompression) hat.
Ein Vorteil von Dreiwegeboxen, der auch Nachteil sein kann, jedoch durch konstruktive Maßnahmen vermeidbar ist:
- durch breitstrahlenden Mitteltöner verstärkte Probleme mit Kantendispersion.
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Herr Nubert sieht (siehe Link zu anderem Thread) bei Dreiwegesystemen in passiver Ausführung begründete Probleme, da die Gefahr besteht, daß das System aus Frequenzweiche (Hochpaß, Tiefpaß und Lautsprecher) durch Interaktion der Teile (die Temperatur der Schwingspule und somit deren Widerstand ändert sich z.B. als Funktion des Pegels, ist aber Bestandteil der Weichenabstimmung) ein tendenziell chaotisches Verhalten zeigen kann.
Allerdings vertritt "Mwf" im selben Thread das offenbar eine abweichende Ansicht. Zwei der meiner persönlichen Einschätzung nach kompetentesten Entwickler haben in diesem Punkt offenbar divergierende Ansichten...........
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Meine Auffassung ist, daß das aktive Dreiwegesystem gehobene Ansprüche an die Wiedergabequalität am besten befriedigt, sofern die Konstruktion sinnvoll ausgeführt wurde.
Diese Bauweise hat sich bei hochwertigen Studio-Regielautsprechern nicht umsonst durchgesetzt. Einen prinzipbedingten Nachteil hat das aktive Dreiwegesystem durchaus - es ist teuer.
Sofern eine digitale Laufzeitentzerrung zur Verfügung steht, tendiere ich sogar zum vollaktiven Vierwegesystem in Form eines Dreiwegesystems mit (raumakustisch sinnvoll angeordneten, d.h. mehrteiligen) Subwoofer, wobei der Subwooferzweig für bestes Impulsverhalten in geschlossener Bauweise mit extrem tiefer Eckfrequenz (ca. 5Hz, Amplitudenfrequenzgang natürlich angepaßt an die Grenzflächen im Raum) ausgeführt sein sollte. Die resultierenden Latenzzeiten halten sich dabei in engen Grenzen, da nur der Frequenzübergang sub-low entzerrt werden muß.
Jedoch spielt die Amplitudenstatistik des Programm-Materials eine gewichtige Rolle, für einen großen Teil rein akustisch erzeugter Musik kann bereits ein Dreiwegesystem perfekte Ergebnisse bringen.
Gruß
Andreas
Verfasst: Do 4. Dez 2003, 16:54
von AH
einen Vorteil von Dreiwegesystemen habe ich noch vergessen:
Für den Mitteltöner steht ein separates Gehäuse zur Verfügung (dieses Gehäuse kann recht klein gegen die Wellenlänge gehalten werden), der für die Gehäusebedämpfung zu treibende Aufwand kann daher geringer ausfallen, im Vergleich zu Zweiwegeboxen.
Außerdem tritt im Falle von Baßreflexbauweise kein mittelfrequenter Schall aus der Baßreflexöffnung aus, der die Wiedergabequalität ebenfalls störend beeinträchtigt.
Verfasst: Do 4. Dez 2003, 21:55
von Frank Klemm
AH hat geschrieben:einen Vorteil von Dreiwegesystemen habe ich noch vergessen:
Für den Mitteltöner steht ein separates Gehäuse zur Verfügung (dieses Gehäuse kann recht klein gegen die Wellenlänge gehalten werden), der für die Gehäusebedämpfung zu treibende Aufwand kann daher geringer ausfallen, im Vergleich zu Zweiwegeboxen.
Außerdem tritt im Falle von Baßreflexbauweise kein mittelfrequenter Schall aus der Baßreflexöffnung aus, der die Wiedergabequalität ebenfalls störend beeinträchtigt.
Der Tieftöner eines 3-Wege-Systems kann eine lange, schwere Schwingspule haben, die den Frequenzgang schon ab ca. 1 kHz einbrechen läßt, aber sehr große Hübe erlaubt.
Bei einem Tiefmitteltöner muß man vorsichtig mit der Masse der Schwingspule sein. D.h. besser Alu als Cu, nicht zu lang, nicht zu großer Durchmesser.
Beispiel für Tieftöner, wenn Preis keine Rolle spielt:
- 30 cm Membrandurchmesser mit Sicke
- 24 cm Membrandurchmesser ohne Sicke
- 60 mm Maximalhub
- 100 mm Magnetsystem
- 20 mm Polplatte
- 50 mm Schwingspule
- ca. 170 g Schwingspulengewicht
- ca. 60 g Membrangewicht ohne Luft
- Ohmischer Widerstand: 1,2 Ohm
- Bl = 16 N/A
So ein Teil leidet ab ca. 500 Hz an der extrem schweren Schwingspule. Das Abkoppeln der äußeren Membranbereiche macht das System kaum leichter.
Dazu müßten die Massenverhältnisse genau umgedreht sein.
Verfasst: Do 4. Dez 2003, 22:54
von Gast
hallo zusammen,
danke für die ausführlichen Antworten.
Ich fasse mal zusammen wie ich das verstanden habe.
1.) 2,5 Weg und 2 Weg + Subbass ist eigentlich das Selbe. Von machen Herstellern wird eine solche Konstruktion auch als 3 Wege Box bezeichnet.
Das Frequenzspektrum wird hier in zwei Bereiche geteilt. Der Hochtöner bekommt den einen Teil, das Mitten- und das (bzw. die) Basschassis bekommen den anderen Teil. D.h.: das Mittenchassis macht Mitten und Bässe kann aber Mitten besser, das (die) Basschassis macht auch Mitten und Bässe kann aber die Bässe besser.
Vorteil nur eine Trennfrequenz.
2.) es gibt echte 3-Wege Boxen.
Das Frequenzspektrum wird in drei Teile aufgeteilt. Jedes Chassis bekommt seinen Part.
Vorteil speziallisierte Chassis.
Habe ich das einigermasen richtig verstanden oder bin völlig daneben?
Gruss
Verfasst: Fr 5. Dez 2003, 01:44
von pinglord
soweit alles gut verstanden, gratuliere
Nur eins noch:
Oller hat geschrieben:Das Frequenzspektrum wird hier in zwei Bereiche geteilt. Der Hochtöner bekommt den einen Teil, das Mitten- und das (bzw. die) Basschassis bekommen den anderen Teil. D.h.: das Mittenchassis macht Mitten und Bässe kann aber Mitten besser, das (die) Basschassis macht auch Mitten und Bässe kann aber die Bässe besser.
Man koppelt die zusätzlichen Basschassis sanft (d.h. mit 6db/Oktave Filtern) ab und das bei verschiedenen "Eckfrequenzen" im Bereich von 80-150 Hz. Ist zumindest die übliche Vorgehensweise afaik
Grund: Wenn du 2 Chassis den kompletten Bass/Mitten Bereich nebenherlaufen lässt, dann löschen sich die Schallwellen, die diese erzeugen, bei manchen Frequenzen aus und bei andern verstärken sie sich. Solche Effekte kann man sich veranschaulichen mit Wasserwellen. Im Bassbereich kann man jedoch solche Auslöschungen und Anhebungen, die durch Bodenreflexionen des Schalls entstehen, ausgleichen, wenn man mehrere Chassis diese Schallwellen abstrahlen lässt.