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Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 14:14
von Klappi
Hallo zusammen,
ich habe mich in den letzten 1-2 Jahren in meinem Heimkino viel mit Multi-Sub / Quasi-DBA-Ansätzen beschäftigt und in dem Zusammenhang auch viel mit Subwoofer-EQ'ing herumexperimentiert.
Eine Frage, die mir bislang kein Internet-Artikel nachvollziehbar beantworten konnte, bleibt allerdings: warum soll man auf schmalbandige Boosts im EQ-Prozess verzichten? Als Begründung wird meist darauf hingewiesen, dass das Ohr schmalbandige Senken z.B. kaum wahrnimmt. Wobei ich persönlich der Meinung bin, dass man das für den Bass-/Subwoofereinsatzbereich nicht ohne weiteres so stehen lassen kann. Ein schmalbandiger Dip von sagen wir 60 bis 70 Hz macht ja immerhin schon 25% einer Oktave aus.
Wie seht Ihr das?
Viele Grüße
Christian
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 14:22
von Chris 1990
Ich denke weil es ein steiles Filter darstellt und somit das Groupdelay in dem Bereich größer wird. Je steiler desto größer das GD.
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 14:38
von Indianer
Servus,
weil's idR sinnlos ist ...
schmalbandige Senken kommen von Auslöschungen, wenn beispielsweise der Tieftöner 1 Meter vor der Wand steht, löscht um 83,5Hz die Reflexion der vorigen Welle die aktuelle Welle weitgehend aus, 1 minus 1 = 0, wenn du lauter machst, wächst auch die Reflexion, 2 minus 2 = wieder 0
wenn das Problem beispielsweise nur einen Stereo-LS betrifft, kannst du allenfalls im nicht ortbaren Frequenzbereich am anderen LS Anheben um die Summe auszugleichen
eine breitere Absenkung wie die von dir genannte, von 60 bis 70Hz, besteht tatsächlich so gut wie immer aus mehreren derartigen "Problemen", die man dann kanalselektiv analysieren muss
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 15:09
von Weyoun
Selbst wenn es nicht so extrem ist, wie Indianer es angedeutet hat: Ein Einbruch von "nur" 20 dB bedeutet bereits einen Aufwand von Faktor 100 bezogen auf die Leistung! Bei gehobener Zimmerlautstärke mit 1 Watt Verstärkerleistung müsste der schmalbandige Einbruch also mit bis zu 100 Watt "aufgefüllt" werden. Da kommen viele Endstufen bereits an ihr Ende. Wenn man lauter hört (10 Watt oder mehr), dann bekommt man jede Endstufe außerhalb der Kategorie "Konzert-PA-Anlange" in die Knie für nichts und wieder nichts.
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 16:27
von Klappi
Wow, das ging ja schnell!
@Chris 1990: der Punkt mit dem Group Delay ist mir tatsächlich neu. Was genau bedeutet das bzw. wie äußert sich das denn gehörmäßig?
@Indianer: ja, das gilt für "echte Nullen", die habe ich aber nur selten beobachtet. Meistens hatte ich es mit Einbrüchen zu tun, bei denen die betroffenen Frequenzen z.B. immer 15db zu leise waren, ansonsten aber normal auf Lautstärkeerhöhungen angesprungen sind.
Das Beispiel von mir ist übrigens nicht theoretisch. Ich habe aktuell damit zu kämpfen. In der Vergangenheit hatte ich eine ganz brauchbare Subwoofer-Frequenzantwort hinbekommen, nachdem ich allerdings noch mal kleinere Veränderungen am Mobiliar vorgenommen hatte, ist aus einem ursprünglich relativ breitbandigen Einbruch von <10db eine tiefere Senke von ca. 15db geworden. Aber wie gesagt, sie reagiert auf Pegelanpassungen:
@Weyoun: jetzt zu Deinem Argument. Im Grunde hast Du damit vollkommen Recht, aber letztlich sind ja drei Faktoren entscheidend, ob ein Boost (egal ob breitbandig oder schmalbandig) möglich ist: Subwoofer-Fähigkeiten, Abhörlautstärke und die Gain-Struktur der gesamten Kette, also die Frage, ob ich wegen des hohen Boosts in Clipping komme.
Für meinen Fall gesprochen: mein (geschlossenes Subwoofer-System) macht bei 20Hz bei knapp über 110db "zu". Laut Tests der Audioholics-Website schafft mein Subwoofer-Modell im Bereich der Senke, also um 67 Hz, 17db mehr Output als bei 20Hz. D.h. rechnerisch sollten bis zu 127db (ohne Berücksichtigung der Senke) machbar sein. Die realisiere ich während des Filme-Schauens natürlich nie. Selbst die 110db erreiche ich nicht. Ergo: selbst wenn ich die Senke mit 15db "auffüllen" würde, würde ich die Subwoofer vermutlich nicht oder gerade eben an die Grenze bringen. Gegen einen Boost von z.B. 10db sollte aber nichts sprechen.
Oder habe ich irgendwo einen Denkfehler?
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 16:51
von DukeNukem
Ich kann dazu nur folgendes sagen:
Der tatsächliche maximale Schallpegel hängt natürlich auch immer vom gesetzten Tiefpassfilter ab.
Bzgl. Senken im Bassbereich:
Beim AW 1300 DSP gab es nicht umsonst NUR 3 EQ's, davon NUR einer zum plus max. 6 dB auffüllen!
Mit den beiden anderen EQ's konnte man nur ABSENKEN.
Es bringt einfach nichts, Energie in ein "Loch" zu stecken, wenn dann nur ganz minimal.
Ich halte es auch allgemein für "schwierig", wenn man mehrere EQ's mit nur einem Subwoofer setzt.
Viele "meinen" es klingt gut, aber "wenige" haben je zwei AW 1300 DSP mit Doppelmembran und gleichmäßiger Modenanregung ohne bzw. mit maximal 3 EQ's gehört...
In meinen Augen kommt man mit zwei Subwoofern ohne EQ's und wenig Pegel meistens weiter, mit Doppelmembran wäre es das I Tüpfelchen.
Aber das Thema ist bei Nubert Geschichte... die Spezies werden immer weniger.
Ich erinnere auch nochmals an den AW 1500 ... zwei 25er Treiber übereinander.
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 17:12
von Zweck0r
Klappi hat geschrieben: Mi 6. Apr 2022, 16:27Oder habe ich irgendwo einen Denkfehler?
Minima von Raummoden sind in der Regel lokal sehr begrenzt. Füllt man sie mit einem EQ auf, dröhnt es überall drumherum, Mobiliar und Türen klappern, Nachbarn werden gestört.
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 17:19
von Weyoun
Es dröhnt 2 Meter weiter, ohne dass man es selber am Hörplatz zwingend mitbekommt, der Nachbar dagegen u.U. schon.
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 17:39
von Chris 1990
Ich versuche es mal zu beschreiben:
Wenn du Filter setzt, hast du auch an der Stelle ein delay, also einen Zeitversatz, je steiler(Güte) und ausgeprägter (Anhebung/Absenkung in dB) desto größer wird dieser Zeitversatz.
Jetzt kommt ein Trommelschlag, wo du im mittelton hörst das die Trommel geschlagen wurde aber der Punch kommt erst später. Es passt nicht mehr zusammen.
Sollte ich etwas Falsches geschrieben haben, dürfen alle die es besser wissen gerne korrigieren. Lese mich grad selbst erst in das Thema ein.
Re: Warum keine schmalbandigen EQ Boosts?
Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 18:31
von Klappi
Weyoun hat geschrieben: Mi 6. Apr 2022, 17:19
Es dröhnt 2 Meter weiter, ohne dass man es selber am Hörplatz zwingend mitbekommt, der Nachbar dagegen u.U. schon.
Hmm...aber dann bei einer anderen Frequenz, oder?
Diese eine Mode bei 67Hz bei mir kann ich durch wirklich nichts auffüllen - egal welche Subwoofer-Position ich wähle, sie ist immer da. Und sie ist ziemlich unabhängig vom Hörplatz. Ich habe mal einen Sinuston laufen lassen und bin durch's Zimmer gestiefelt, überall fast gleich laut. Bei allen anderen Problemfrequenzen konnte ich durch eine bestimmte SUbwoofer-Konfig oder durch Änderung des Hörplatzes Einfluss nehmen. Diese hier ist einfach immer da.