raw hat geschrieben:
Frank Klemm hat geschrieben:Wenn es jemanden interessiert, kann ich mal erklären, wie und was man noch aus diesem Frequenzgang interpretieren kann.
Mich würde es interessieren. (Irgendwie ahne ich schon, worauf du hinauswillst.)
Es geht um
http://www.nubert.de/downloads/ts_32-35 ... gaenge.pdf, Seite 1,
das Diagramm in der unteren Hälfte (gibt es das als separates GIF oder PNG zum Einlinken?).
Also zweites Browserfenster aufmachen und Bild dort anzeigen. Dieses Bild wird immer
als furchtbares Beispiel genannt, wie der Frequenzgang in einem Raum aussieht.
Machen wir es mal, so wie es normalerweise Menschen nicht machen, wir schauen uns
das Bild
genau an. Was sehen wir?
Wir sehen den Frequenzgang aus dem oberen Bild, überlagert von einem Rauschen,
das im niederfrequenten Bereich wie ein Gebirge und im hochfrequenten wie ein
Chinchillafell aussieht. Wodurch entsteht das?
Das ist ganz einfach. Es ist ein Artefakt der logarithmischen Darstellung auf der
Frequenzachse. Auf einer linearen Achse ist die Felldichte weitgehend konstant.
Ausnahme kann das Baßbereich (<150 Hz) sein, wenn die Raumresonanzen ungünstig
liegen. Liegen sie günstig verteilt, ist die Ausnahme der Druckkammereffekt (der in
normalen Hörräumen unterhalb 20 bis 30 Hz zuschlägt).
Wodurch entsteht diese Rauhigkeit? Es sind inkohärente Überlagerungen des Diffusschalls
über den Direktschall. Der Unterschied zwischen Direktschall und Diffusschall bewirkt die
Formgebung. Wenn man genau hinsieht, dann ist die Oberseite etwas glatter als die
Unterseite.
Auch dafür ist die logarithmische Darstellung, diesmal die der Pegelachse verantwortlich.
Aus der Stärke der Rauhheit kann man das Verhältnis zwischen Direktschall und Diffusschall
abschätzen:
* Diffusschallanteil <-15 dB: Rauhheit oben und unten identisch
* Diffusschallanteil ca. -15...-10 dB: Rauhheit unten wird stärker als oben
* Diffusschallanteil ca. -8...-12 dB: es treten erste tiefe Pegeleinbrüche auf
* Diffusschallanteil ca. -6...-8 dB: viele tiefe Pegeleinbrüche
* Diffusschallanteil ca. -4...-6 dB: kaum noch keine tiefe Pegeleinbrüche
* Diffusschallanteil > -4 dB: unterhalb der Linie nur noch Rauschen
Schätzen wir mal hier den durchschnittlichen Diffuspegelanteil ab. Es gibt
2 bis 3 tiefe Pegeleinbrüche (550 Hz, 3,4 kHz, 3,7 kHz), die Darstellung zeigt
Meßpunkte in etwa einem Abstand von 9,6 Hz, was bei einer Messung bis ca. 10 kHz
(darüber passiert ohnehin irgendetwas) ca. 1000 Linien sind. 3 Pegeleinbrüche bei
1000 Linien ist ein Percentile von 99,7%. Das ergibt eine Standardabweichung von knapp
3 Sigma, was einem Diffusanteil von ca. -9,5 dB entspricht (grobe Schätzung, Mittel bis
10 kHz).
Normale Hörräume haben aber wesentlich
mehr Diffusschallanteil, in akustisch
trockenen Räumen liegt er bei ca. 0 dB, in halligeren Räumen zwischen +5 dB und +6 dB.
Wie man sieht, dieses Messung ist im Nahfeld, weit innerhalb des Hallradius gemacht.
Ein Hinweis auf diesen gemessenen Frequenzgang verklärt die Tatsache, daß normale
Frequenzgänge im Raum wesentlich "pelziger" aussehen.
Okay, nun wissen wir erst mal, daß dieser Frequenzgang im Nahfeld gemessen wurde.
Wer richtig lesen kann, hätte es auch einfacher erkennen können: oben steht
@1.00 m.
Wenn man aber genau hinsieht, schwankt die "Pelzdicke". Sie fällt bis 2 kHz an,
steigt dann wieder vor allem im Bereich zwischen 3 und 4 kHz an und fällt dann
ab 8 kHz lang und dann immer schneller ab. Was wir hier sehen, ist die unterschiedliche
Direktivität der Box mit dem Übergang vom TMT zum HT sowie die Bündlung des HT
ab ca. 8 kHz. Ab 15 kHz kommt die Richtwirkung des Mikros noch dazu.
Ich habe zwar jetzt kein Directivity-Plot exakt dieser Box, er sollte aber ähnlich zu
sein, ich würde aber einen etwas höhere Trennfrequenz als in diesem Plot vermuten.