Genau in dieser von dir beschriebenen Verallgemeinerung liegt der grundsätzliche Fehler.
Geht man von einer Aufnahme aus, die akustische Musikinstrumente aufnimmt und unter nahezu idealen (100 % sind Utopie)Bedingungen anfertigt wurde, mit derselben Sorgfalt auf einen entsprechenden Tonträger gebannt wurde und dann abgespielt wird.....
...unter diesen Prämissen macht es Sinn, anzunehmen, dass der Lautsprecher nur richtig funktioniert, der das Eingangssignal möglichst exakt reproduziert. Hier stimme ich dir absolut zu. Denn, da das Eingangssignal das Original nicht verfälscht, muss der Hörer, der Wert auf größtmögliche Authentizität legt, das bei der Wahl seines Equipments entsprechend berücksichtigen.
@ AreaDVD:
Diesem Ansatz kann ich nicht zustimmen. Er enthält bereits eine vorher festgelegte Erwartungs- und Rezeptionshaltung, nämlich den Wunsch nach einer (wie auch immer gearteten) "Authentizität".
Ein ganz erheblicher Teil kommerziell erhältlicher Tonaufnahmen will diesem Ideal aber gar nicht nahekommen. Diese Aufnahmen wollen und sollen nicht "irgendwie natürlich" klingen, sondern sie sind ein reines Kunstprodukt im doppelten Sinne!
Hier besteht dann zwischen der Erwartungshaltung und dem realen Klangbild eine Divergenz, die in ein negatives ästhetisches Urteil münden kann. Deswegen ist die Aufnahme allerdings nicht "schlecht", sondern sie entspricht einfach nicht der Erwartung des Hörers.
An der Theorie ändert sich nichts. Laut akustisch-physikalischer Theorie ist der Lautsprecher, der möglichst 1:1 wiedergibt, der unverfälschte, der wahre Lautsprecher.
Nun aber ist, wie ich bereits schrieb, nicht an der Tatsache zu rütteln, dass viele Aufnahmen bzw. Abmischungen schon weit weg vom Original sind. Es fehlt an Transparenz. Es fehlt an Fundament. Nur als Beispiel.
Es fehlt gegenüber der Erwartungshaltung eines Hörers an Fundament oder Transparenz. Das ist ein wesentlicher Unterschied, nicht alles, was mir nicht gefällt, gefällt auch anderen nicht.
Das Klangbild der meisten Tonaufnahmen ist ganz bewußt ein Stück weg von einem "Original", falls es in Form einer Orignaldarbietung existiert. Oft gibt es auch gar kein akustisches Original (Originaldarbietung), wie z.B. bei populärer Musik, die zu erheblichen Teilen im Computer erzeugt wird (das kann interessante Klanbilder ergeben) und ohne Lautsprecher (Hörbedingungen) gar nicht hörbar gemacht werden kann.
Aus meiner Sicht ist es eine Verengung, Tonaufnahmen an einem oft nicht vorhandenen "Original" messen zu wollen. Eine Tonaufnahme ist eine eigene Kunstform,
sie ist immer selbst das Original.
NUn habe ich den Lautsprecher, der 1:1 das wiedergibt, was auf dem Tonträger enthalten ist. Der Tonträger enthält aber brutale Abmischungsfehler. Somit habe ich mich weit vom Original entfernt.
Was sind "brutale Abmischungsfehler"? Fehlerhafte Aufnahmen (hörbare Schnitte, Übersteuerung o.ä.) sind meiner Beobachtung nach vergleichsweise selten. Der Rest einer Mischung läuft unter künstlerischer Freiheit!
Der theoretisch beste Lautsprecher oder, aufs Ganze bezogen, die theoretisch beste Anlage ist in der Praxis leider auch dann nicht immer die beste Lösung, wenn es darum geht, Musik möglichst nahe am Original zu genießen.
Nochmals: Das Original ist immer die Tonaufnahme selbst, ein weiteres Original daneben exisitiert nicht. Ob das Klangbild einer Tonaufnahme einer akustischen Originaldarbietung nahekommen will oder nicht, steht auf einem ganz anderen Blatt und ist Geschmacksfrage, künstlerische Freiheit.
Das kann man auch recht einfach nachvollziehen. Ich war in Tonstudios zu Gast und habe mir verschiedene, im Handel erhältliche CDs und DVDs auf einer solchen möglichst neutral abgestimmten Anlage mit Studiomonitoren (100 % neutral war diese Anlage auch nicht, minimale Überreste eines Eigenklangs und der Raumakustik, und seien sie auch noch so gering, bleiben immer)angehört. Das Ergebnis war höchst ernüchternd. Langweiliger, fader und emotionsloser Klang. Nur meine Meinung, bitte nicht verallgemeinern.
Dieses ästhetische Urteil ist meiner Beobachtung nach zumindest bei populärer Musik typisch für naive Hörer (nicht abwertend gemeint, fast alle Tonaufnahmen-Hörer sind zwangsläufig naiv), wenn sie plötzlich unverfälscht hören. Eine Mehrzahl der Mischungen populärer Musik wird von der Mehrzahl der durschnittlichen Hörer meist als langweilig, emotionslos und steril beurteilt. Die hochwertigen Hörbedingungen haben zu einem ästhetischen Urteil auf sicherer Basis geführt, die Tonaufnahmen haben dem Individuum nicht gefallen. Das heißt nicht, daß sie schlecht sind oder allen anderen ebenfalls nicht gefallen.
Es findet eine Ent-Täuschung über die bisher geliebten Tonaufnahmen statt, "Oh weh, das sterile Zeug habe ich gemocht?" Die Konsequenzen daraus (z.B. Abwendung, Hinwendung zu anderem) bleiben dem Individuum überlassen.
Nun haben wir anschließend eine überragend abgemischte DVD-A von Dabringhaus und Grimm gehört - und siehe da: Die Sonne ging auf. Unverfälscht, authentisch, detailliert, präzise - da hat mir diese Lösung akustisch plötzlich gefallen. Nur: Leider spiegelt dies nicht die Realität wieder, es gibt x-mal mehr schlechte als gute Aufnahmen, und erstklassige Aufnahmen gibt es noch weniger.
Auch hier haben neutrale Hörbedingungen zu einem ästhetischen Urteil auf sicherer Basis geführt. Die Tonaufnahme hat dem Individuum gefallen. Sie hat gefallen, weil sie einer Erwartungshaltung in Richtung eines "irgendwie natürlich gearteten" Klangbildes entsprach. Daß heißt nicht, daß diese Aufnahme gut ist oder alle anderen Hörern gefallen muß.
Was kann man also tun?
- Die Aufnahmen anhören, die einem gefallen und jene meiden, die einem nicht gefallen
- Die Aufnahmen, die nicht gefallen nachbearbeiten
Man kann mit einer gezielten und gekonnten Mischung aus Nachbearbeitung nun sogar dem Original näher kommen als mit einer völlig neutralen Anlage, die ungefiltert alle Unachtsamkeiten des Aufnahmemeisters wiedergibt.
Auch diese Aussage scheitert an einer falschen Definition des Begriffes "Original".
Wenn man aber durch gezieltes Sounding und Nachbearbeitung (z.B. Aufpolieren der Bittiefe, leichte Anhebung der Höhen etc.) es schafft, sogar mehr Original-Atmosphäre zu bekommen - was ist daran "falsch"?
Aber was soll denn die Orignal-Atmosphäre bitte z.B. bei Synthesizer-Musik (elektronischer Musik) sein? Das Original steckt irgendwo im Rechner. Woher willst Du die "Original-Atmosphäre" kennen? Es ist sinnlos, eine Tonaufnahme an einem
imaginären, bloß eingebildeten, herbeiphantasierten "Original" messen zu wollen, was in der Realität gar nicht existiert.
Hör Dir doch mal die Hörproben des Studios für elektronische Musik der Musikhochschule Köln an:
http://www.mhs-koeln.de/de/hochschule/e ... studio.php
Meinst Du wirklich, Du wirst diesen Werken mit einer Rezeptionshaltung gerecht, die darauf besteht, die Tonaufnahme solle klingen "wie das Orignal"?
Neutrale Hörbedingungen geben Tonaufnahmen jedes Genres, sei es elektronische Kunstmusik (s.o.) elektronische populäre Musik, akustische Kunstmusik, akustische populärer Musik, Verkehrslärm, ganz gleich welche Aufnahmetechnik Anwendung fand (Polymikrophonie, Stereo-Hauptmikrophon, A/B, M/S, X/Y, ORTF....) korrekt wieder und ermöglichen so ein ästhetisches Urteil des Individuums über diese Tonaufnahme.
Diejenigen, die Probleme mit dem Begriff "ästhetisches Urteil" haben, können diesen ohne allzu großen Bedeutungsverlust durch den Begriff "subjektives Urteil" ersetzen.
Gruß
Andreas