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Verstärker klingen warm besser (Achtung Voodoo ;) )

Diskussionen über Funktionsprinzipien und Grundlagen
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Frank Klemm
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Beitrag von Frank Klemm »

G. Nubert hat geschrieben:Hallo,
Verstärker mit "bipolaren" Transistoren ziehen im Allgemeinen kurz nach dem Einschalten deutlich weniger "Ruhestrom", als nach einigen Minuten.
Vor allem bei kleinen Signalen sind in den ersten Minuten meistens deutliche Unterschiede in den Verzerrungswerten zu messen.
Nach einigen Minuten steigt die Betriebstemperatur in den Vortreiber-, Treiber- und Endtransistoren, dadurch sinkt der Wert der "Basis/Emitter-Spannung" von vielleicht 0.6 auf 0.55 Volt, wodurch die Endstufe stärker "mit Gleichstrom" durchgesteuert wird und eine Tendenz in Richtung "Class A" bekommt.
(Dann gibt es weniger "(Class)-B-Verzerrungen" im Signal-Nulldurchgang.)

Die ganzen Ruhestrom-Stabilisierungs-Schaltungen reagieren mit einer gewissen "Trägkeit", weil sie oft die Temperatur am Kühlkörper "fühlen" (und nicht die Temperatur des Transistor-Chips).

Obwohl es technisch möglich wäre, diese Effekte zu vermeiden, hören wir bei manchen Verstärkern den "kalten Zustand" auch in Blind-Tests heraus.
Bei ICs sind diese Effekte vollständig kompensierbar. Es gibt Schaltungen, die die Temperaturabhängigkeit vollständig kompensieren, allerdings müssen die beteiligten Baueelemente die gleiche Temperatur haben. Bei diskreten Endstufen nur in Näherung machbar, bei ICs überhaupt kein Problem. Was möglich ist, zeigen IC-basierte Referenzspannungsquellen (asymmetrische Stromspiegel) - daß das funktioniert, hat auch mich überrascht.

Warum bei Verstärkern mit diskreten Verstärkern geworben wird, verstehe ich nicht ganz.
Man kann zwar keine Pärchen bei ICs ausmessen, dafür ist aber mit wenig Aufwand alles mögliche an Zusatzelektronik implementierbar (Auto-Calib, exakte Temperaturkompensation, sichere Überlastabschaltung, Auto-Mute).

Probleme gibt es maximal bei Endstufen sehr hoher Leistung, aber auch da wäre die Frage, ob 2 oder 3 IC-Endstufen und Aktivtechnik nicht wesentlich mehr bringen.
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Frank Klemm
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Beitrag von Frank Klemm »

pinglord hat geschrieben:
G. Nubert hat geschrieben:Die ganzen Ruhestrom-Stabilisierungs-Schaltungen reagieren mit einer gewissen "Trägkeit", weil sie oft die Temperatur am Kühlkörper "fühlen" (und nicht die Temperatur des Transistor-Chips).
Ich dachte, Eine Schaltung mit Strom- bzw. Spannungsgegenkopplung "fühlt" gar nix, sondern wird einfach auf einen bestimmten Arbeitspunkt hin dimensioniert, der durch diese Schaltung dann automatisch gehalten wird? Wusste gar nicht, dass es Temperaturfühler in den Verstärkern gibt. Oder rede ich jetzt nur vom Vorverstärker (Emitterschaltung) und bei den Endstufen sieht die Geschichte dann anders aus?
Du brauchst für einen sauberen Betrieb einen Ruhestrom, sonst steigt der Klirrfaktor auf sehr hohe Werte an. nehmen wir erst mal den Klirrfaktor im nicht gegengekoppelten Betrieb. Im Class AB-Betrieb mit 500 mA ist dieser selbst im nicht gegengekoppelten Fall extrem gering (unhörbar). Den Ruhestrom weiter zu erhöhen, nutzt nur den E-Werken etwas.
Class A ist Unsinn, selbst bei nicht gegengekoppelten Amps. Reduziere ich den Ruhestrom auf 50 mA, fange ich mir einen Klirrfaktor von ca. 1% ein (die Simulation liegt auf irgendeiner Festplatte), durch die übliche Gegenkopplung komme ich immer noch auf <0,001% im Kleinsignalbereich (in dem Übernameverzerrungen auftreten).
Ich kann den Ruhestrom weiter reduzieren (z.B. auf 10 mA) und bekomme zwar kräftige Verzerrungen (und jetzt auch k5, k7, ...)-Komponenten, aber immer noch sehr geringe Klirrfaktoren dank Gegenkopplung. Erst wenn ich weiter reduziere auf ca. 2 mA, bekomme ich auch da Probleme.

Bei netzbetriebenen Geräten sollte damit der Ruhestrom so stabilisiert sein, daß er unter keinen Umständen unter 10 mA rutscht. 50 mA Nominalwert sind ein guter Wert.

Bei batteriebetriebenen Geräten benötigt man eher 3...4 mA. Er darf aber nie unter 2 mA fallen. Mit IC-Lösungen ist das aber kein Problem.

Man sollte noch dazu wissen, daß 2 bis 3 Grad Temperaturunterschied den Ruhestrom halbieren bzw. verdoppeln kann. Bei diskreten Lösungen kommen auch mal 10 Grad zusammen, bei ICs sind 0,01 Grad schon sehr sehr viel!
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Frank Klemm
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Beitrag von Frank Klemm »

g.vogt hat geschrieben:Hallo pinglord,

aus früheren Bastelzeiten kann ich mich auch noch daran erinnern, dass gerade Gegentakt-Endstufen auch mit einer temperaturfühlenden Arbeitspunktstabilisierung ausgerüstet sind. Ich vermute, dass in einfachen "Class-A-Transistorstufen" eine leichte Arbeitspunktverschiebung keine nennenswerten Probleme verursacht (die stehen ja ohne Signal auf "halber Spannung")
Ruhestrom bei Class A ist genauso kritisch. Bei harten Netzteilen kann Dir bei Ruhestromveränderungen schnell die Endstufe oder die Wohnung abfackeln.
Dort ist es noch wichtiger, den Ruhestrom nicht nach oben ausreißen zu lassen.

- Ruhestrom steigt
- Temperatur steigt
- Ube fällt
- Ruhestrom steigt
- Temperatur steigt
- Ube fällt
- Ruhestrom steigt
- Temperatur steigt
- Ube fällt
- ...
- Verstärker glüht kurz auf.
und schon von einer leichten Gegenkopplung hinreichend abgefangen wird.
Die Spannungsgegenkopplung über alles hat keinen Einfluß auf den Ruhestrom. Einzig die zaghafte Stromgegenkopplung über die Emitterwiderstände stabilisiert den Ruhstrom nach oben. Leider kostet die auch etwas Leistung (bei Re = 0,47 Ohm gehen dort ca. 25% der Leistung flöten)
In der Gegentaktendstufe ist dagegen ohne Signal nur ein geringer Ruhestrom vorhanden. Ist dieser zu gering, müssen die Signale erst eine "gewisse Hürde" überwinden, es kommt zu deutlichen Verzerrungen. Ist der Ruhestrom zu hoch, heizt sich die Endstufe schon ohne Signal heftig selber.
Und Störeinflüsse durch die Betriebsspannung werden stärker (Brummen).
Aber ich hätte halt erwartet, dass man diese Probleme erkannt und generell abgeschafft hätte. Dass es immer noch hier und da die ungenauen Fühlerchen (ich kenn's mit Thermistoren und mit kleinen Transistoren) an den Kühlkörpern gibt, hätte ich nicht gedacht. Das ist Stand der Technik aus den 70ern.
Wie schon erwähnt, sind ICs eine Lösung. Wenn die auf 10 mA Ruhestrom getrimmt sind, dann fließen dort eben 10+/-1 mA im Temperaturbereich von 0°C bis 80°C.

Ansonsten wären noch Sensordioden in den Leistungstransistoren denkbar. Erfordert statt 2 Beinen dann 4 Beine.
Habe ich aber noch nicht gesehen.
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Frank Klemm
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Beitrag von Frank Klemm »

Amperlite hat geschrieben:
Corwin hat geschrieben:Wenn ich das richtig verstehe, hängt die Warmlaufzeit dann (vereinfacht) mit dem Verhältnis, Kühlkörpergröße zu Wärmeabgabe der Transistoren ab.
Richtig, von ein paar Wärme-Übergangswiderständen und den Belüftungsverhältnissen mal abgesehen.

Bei diesen Class-A Elektro-Heizöfen ist es wohl nur logisch, dass die schneller ihre Betriebstemperatur haben. :wink:
Je höher die Verlustleistung, um so länger dauert es, bis die Endtemperatur erreicht ist.
Am besten sind Verstärker mit wenig Verlustleistung.
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Beitrag von pinglord »

Frank Klemm hat geschrieben:Die Spannungsgegenkopplung über alles hat keinen Einfluß auf den Ruhestrom. Einzig die zaghafte Stromgegenkopplung über die Emitterwiderstände stabilisiert den Ruhstrom nach oben. Leider kostet die auch etwas Leistung (bei Re = 0,47 Ohm gehen dort ca. 25% der Leistung flöten)
Und wenn man parallel zum Re noch einen dicken Kondensator schaltet (der für das Wechselspannungssignal einen Kurzschluss darstellt)?
[size=75]Und für die Ohren: Nubox 400 an H/K 3270 RDS.[/size]
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Frank Klemm
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Beitrag von Frank Klemm »

pinglord hat geschrieben:
Frank Klemm hat geschrieben:Die Spannungsgegenkopplung über alles hat keinen Einfluß auf den Ruhestrom. Einzig die zaghafte Stromgegenkopplung über die Emitterwiderstände stabilisiert den Ruhstrom nach oben. Leider kostet die auch etwas Leistung (bei Re = 0,47 Ohm gehen dort ca. 25% der Leistung flöten)
Und wenn man parallel zum Re noch einen dicken Kondensator schaltet (der für das Wechselspannungssignal einen Kurzschluss darstellt)?
Bei 0,47 Ohm und fu = 16 Hz sind je 22000 µF fällig.
Bei fu = 16 Hz fallen dann dort nicht mehr 25%, sondern nur noch 17% zum Opfer.

Außerdem gibt es Probleme, weil dort nur Halbwellen des Ausgangssignals zu sehen sind.
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Beitrag von StefanG »

Eine Kapazität parallel zum Emitter- bzw. Sourcewiderstand macht die lokale Strom-Spannungsgegenkopplung frequenzabhängig (und somit auch die Gesamtverstärkung).

Aktuelle IGBT's von z.B. Sanken besitzen eine interne (thermisch geregelte) Arbeitspunktstabilisierung incl. lokaler Gegenkopplung.
Ich kann Alles - aber nix richtig ;-)
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