Niemand kann wissen, was in einem islamischen Europa passiert wäre. Aber einige Vermutungen kann man immerhin anstellen. Und dabei möchte ich auf einen zentralen Gesichtspunkt hinweisen, der oft übersehen wird: Das Christentum kannte von Anfang an eine Trennung zwischen weltlicher und säkularer Gewalt, zwischen Staat und Kirche. Dem Islam ist eine solche Trennung bis heute fremd, schon deshalb, weil es keine islamische Kirche(n) gibt.caine2011 hat geschrieben:das mit zum glück würde ich so nicht unterschreiben, da der islam zu dem zeitpunkt, ob kriegerisch oder nicht, weiter entwickelt war als das damalige europaGenussmensch hat geschrieben:Jetzt sollten wir den Islam aber auch nicht nur in Rosa zeichnen; historisch gibt es einen sehr wesentlichen Unterschied zum Christentum. Der Islam war in der Tat von Anbeginn eine kriegerische Religion, und seine Anhänger haben im 7. und 8. Jahrhundert einen beispiellosen Eroberungszug gestartet, der etwa in Europa bis tief ins Frankenreich führte und dort erst, zum Glück, 732 gestoppt werden konnte. Die Kreuzzüge des Westens waren nicht zuletzt eine Reaktion auf diese ungeheure Expansion der Gotteskrieger.
und arabische zahlen halte ich nicht nur für ein nettes gimmick sondern für eine der größten erfindungen der letzten 2000 jahren
was in einem islamischen europa passiert wäre, ob die entwicklung anders verlaufen wäre, weiß man nicht, ob humanismus etc. nur durch den christlichen hintergrund ausgelös wurden erschließt sich mir jetzt auch nicht
ist aber alles ziemlich offtopic und natürlich sollte man den islam nicht rosarot sehen, aber das christentum auch nicht allzu theoretisiert, denn nur weil eine religion "unkriegerisch" in der theorie ist, heißt es noch lange nicht, dass in ihrem namen nicht ebenfalls gemordet und gebrandschatzt wird...
Diese Trennung zwischen Staat und Kirche ist die Grundvoraussetzung für die Entwicklung, die das christliche Europa schließlich genommen hat mit Humanismus, Renaissance, Aufklärung, Wissenschaften etc. Es ist eben kein Zufall, dass es nur eine ganz kurze Epoche im Islam gab, in der wissenschaftliche Erkenntnisse wuchsen, wohingegen wir im christlichen Europa seit Jahrhunderten einen solchen Prozess erleben.
Also: Ich bleibe definitiv bei meiner Wertung, dass es für unsere Entwicklung ein großes Glück war, dass die islamische Eroberung seinerzeit gestoppt wurde. Ich bin mir bewusst, dass wir heute in unseren westlichen Gesellschaften zum Relativismus neigen; manchmal muss man aber auch einen klaren Standpunkt beziehen, vor allem wenn es um die Grundlagen unseres Zusammenlebens geht. Das sollten übrigens gerade diejenigen tun, denen an unserer liberalen, offenen Gesellschaft liegt.
@horch: Komisch, ich hatte eher bei Deinem Beitrag den Eindruck, wohlbekannte Stereotype des auf der Höhe der Zeitgeistwelle surfenden Feuilletons zu lesen, wohingegen in meinem Post schlicht einige historische Tatsachen Erwähnung fanden. Das muss wohl meinem fratzenhaft verzerrten Blick zuzuschreiben sein.
Viele Grüße
Genussmensch