So! Kaum zu glauben, aber heute habe ich doch endlich mal einen spontanen Abstecher nach Schwäbisch Gmünd gemacht. Seit meinen letzten Hörtests ist ja schon wieder einige Zeit vergangen. Einmal davon abgesehen, dass "Vergleiche" aus dem Gedächtnis heraus sowieso problematisch sind, ist nach der inzwischen verstrichenen Zeit sicherlich keine zuverlässige vergleichende Aussage mehr möglich, außer vielleicht "gefällt mir – käme in Frage" und "gefällt mir gar nicht – käme nie und nimmer in Frage". Im Voraus schon mal: die Lautsprecher der NSF gefallen mir sehr gut

und folgend der Versuch, ein paar Eindrücke zu schildern.
Nach einer kurzen Einweisung in die Funktion des Lautsprecherumschalters durch Herrn Kohler wurde ich für über anderthalb Stunden, die wie im Flug vergingen, mit einem Vincent SV-238, einem Vincent CD-S3, deren, gemessen am sonstigen Finish der Geräte, lausig billig wirkenden Fernbedienungen

und einer Menge nuWaves, nuLines und ein paar kompakten nuBoxen allein gelassen. Auch nach meiner äußerst ausgedehnten Hörsession, hat niemand versucht, mir unbedingt ein Gespräch aufzudrücken. Bei Fragen wäre jedoch jederzeit jemand zur Verfügung gestanden. So ausgedehnt, ausführlich und ungestört konnte ich bisher nirgendwo Lautsprecher hören. Empfand ich als sehr angenehm.
Begonnen habe ich mit der nuWave35. Deren offener, klarer, luftiger Klang hat mir sehr gut gefallen. Der Tiefgang ohne ABL hat mich sehr beeindruckt. Hier ist mir jedoch auch gleich eine des öfteren in diesem Forum mal erwähnte Schwäche aufgefallen: Resonanzen des Hörraums im Bassbereich. So hat mich dann auch der Einsatz eines ABL-Moduls gar nicht mal so sehr vom Hocker gerissen. Der Zugewinn im Bass war zwar durchaus deutlich, bei manchen Stücken meinem Eindruck nach aber bei dieser Akustik sogar eher schädlich für das Gesamtbild. Der erste Hinweis, wie wichtig der Hörraum letztendlich ist.
Im Vergleich zur nuLine30 hatte die nuWave35 für meinen Geschmack eindeutig die Nase vorn. Ich kann zwar nachvollziehen, wenn manchmal geschrieben wird, dass die nuLine etwas gefälliger klänge, mir persönliche hat der analytischere Charakter der nuWave35 aber um einiges besser gefallen. Es klang einfach nochmals klarer, offener, als würde man einen feinen Vorhang wegnehmen.
Natürlich habe ich auch mal kurz die nuBox380 angespielt. Gemessen an ihrem Preis sicherlich eine sehr ordentliche Box. Der Aufpreis zur nuWave35 ist meiner Meinung nach aber auf jeden Fall gerechtfertig. Die nuWave35 klang einfach die für mich entscheidende Portion ausgewogener.
Die nuBoxen 310 und 360 habe ich nur mal ganz kurz angespielt, um festzustellen, dass es schon beeidruckend ist, was aus der kleinen 310 kommt. Die 360 schien mir auf die schnelle etwas "belegter" im unteren Mitteltonbereich als die 380 aber irgendwie auch eine Spur trockener.
Nach ausführlichem Durchhören meines mitgebrachten Materials, drehte ich mich um 180° und wendete mich den Standboxen zu. Zunächst der nuWave10. Diese klang im Bassbereich natürlich schon fülliger als die nuWave35. Insgesamt schien das Klangbild durchaus kompletter, massiver, mit präsenterem Mitteltonbereich, jedoch nicht so fein und zart wie bei der nuWave35. Manchmal hatte ich ein wenig das Gefühl, dass manche Feinheiten durch dieses "massivere" im Vergleich zur nuWave35 fast ein wenig untergingen. Möglicherweise gefällt mir aber einfach die etwas schlankere Art einer Kompaktbox ganz gut. Ich tendieren aber auch hier wieder dazu, diesen Eindruck teilweise auf die Akustik des Hörraumes zu schieben. So kam z.B. bei
Chris Rea – Set Me Free die Basedrum auf der nuWave35 mit ABL viel trockener und sauberer als auf der nuWave10. Das Zuschalten des ABL-Moduls war in manchen Stücken für mich zwar hörbar, der Effekt für meine Ohren jedoch eher subtil. Für mich persönlich wäre ein ABL-Modul bei der nuWave10 kein unbedingtes Muss; das Hörerlebnis ist auch ohne schon wirklich komplett. Das ABL wäre lediglich eine Verfeinerung (die auch ein paar Euro kostet), um das letzte aus der Box zu kitzeln.
Beim Umschalten zur nuLine100 war ein kleiner Unterschied hörbar, der nach meinem Empfinden lange nicht so groß war, wie zwischen nuWave35 und nuLine30. Den zuvor bemerkten "Vorhang" der nuLine konnte ich hier nicht ausmachen. Hier war es sogar eher die nuLine, die ich als feiner und schlanker empfand. Bei einem Stück mit gestrichenem Kontrabass fiel mir der natürlich runde warme Klang und der straffe schnarrende Bass des Kontrabasses sehr positiv auf.
Ein Unterschied zur nuWave85 konnte ich natürlich auch hören, kann jedoch nicht genau sagen, wo dieser lag. Der Unterschied wurde auch tatsächlich kleiner, wenn man den Hochtönerabstand ein wenig kompensierte.
Bis hier her musste ich feststellen, dass Unterschiede zwischen den Boxen einer Boxenfamilie zwar deutlich hörbar aber im Verhältnis zu Unterschieden zu Boxen anderer Hersteller eher gering sind. In der "kurzen" Zeit konnte ich auch nicht unbedingt sagen, was "besser" ist. Allenfalls, was mir in dieser speziellen Hörsituation besser gefällt. Aber selbst die Frage nach dem "Gefallen" konnte ich auf die Schnelle nicht eindeutig klären. Der Hörraum scheint zudem wirklich einen sehr großen Einfluss zu haben, ebenso wie die Aufstellung der Box. Eine Box, die tiefer geht, muss in der Gesamtheit nicht unbedingt auch besser klingen. Eine sichere Aussage könnte ich eigentlich nur durch ausführliches Einhören und Vergleichshören der frei aufgestellten Box in meinem Hörraum machen.
Unter den gegebenen Umständen konnte ich die Boxen auch nicht so recht auf ihre räumliche Auflösung hin beurteilen. Möglicherweise ist die Aufstellung mehrerer Boxen nebeneinander hier nicht unbedingt förderlich auch wenn es vielleicht ein eher psychisches Problem ist. Mir fiel es einfach schwer, die nötige Ruhe zu finden, um mich auf diesen Punkt konzentrieren zu können.
Ein wirklich großer Unterschied war für mich dann erst beim Sprung zur nuWave125 bemerkbar. Insbesondere im Mitteltonbereich liegen Welten zwischen der 125 und den kleineren Boxen. Die Mitten kommen glasklar und sehr detailliert. Im Vergleich zur nuWave10 springen sie einen regelrecht an, bzw. bei manchen Aufnahmen schreien sie einen geradezu an. Ich kann verstehen, dass das manche Leute als unangenehm und kalt empfinden. Ganz besonders bei etwas schlecht abgemischten Aufnahmen. Dort wird schonungslos alles offengelegt. Ich hatte teilweise den Eindruck, dass die Box das Tonmaterial regelrecht auseinander nimmt, auffächert und staffelt. Dabei klang sie luftiger, freier und weiträumiger als die kleineren nuWaves. Hier im Forum wird ja des öfteren mal geschrieben, dass man sich an den neuen Klang einer Box erst gewöhnen müsse. Den Eindruck hatte ich bei der nuWave10 nicht, jedoch bei der nuWave125. Auf die Schnelle könnte ich also nicht sagen, ob mir diese Charakteristik tatsächlich gefällt. Wie die in meinem vorigen Beitrag erwähnte Cabasse, fällt die nuWave125 jedoch preislich und größenmäßig aus meinem Rahmen, sodass ich mich mit dieser Frage (momentan) nicht näher befassen muss

. Der Charakter der nuWave125 ist grundverschieden von dem der o.g. Cabasse, die mir
spontan eher ins Ohr ging; wie das auf längere Zeit und im direkten Vergleich aussähe, ist dann eine andere Frage.
Gelegentlich ist mal zu lesen, die Nubert-Boxen hätten aggressive zischelnde Höhen. Diesen Eindruck kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich empfand die Höhen als sehr stimmig. Im Vergleich zu manch anderen Boxen sogar eher zurückhaltend. Bei
Cassandra Wilson - Come On In My Kitchen sind mir die scharfen zischelnden S-Laute z.B. auf Genelec 1030-Studiomonitoren recht unangenehm aufgefallen. Auf den nuWaves waren die S-Laute zwar auch sehr deutlich und zischend (so ist die Aufnahme halt) aber nicht unangenehm.
Insgesamt sind alle Boxen sehr ordentlich verarbeitet. Insbesondere das Kirsch-Furnier der nuLines sieht sehr edel aus. Sehr positiv überrascht hat mich das Buchedekor der nuBoxen. Das sieht in Wirklichkeit um einiges besser aus als im Netz und im Katalog; vor allem sieht es ziemlich echt aus.
Dass man sich an der Nextel-Oberfläche der nuWaves auch stoßen kann, kann ich nachvollziehen, insbesondere beim Orange. Von weitem und je nach Lichteinfall sieht es tatsächlich wie knalliges Orange aus. Dann aber wieder, besonders aus der Nähe, eher nach einem Terracotta-Ton; insbesondere mit der seidig-rauen Oberfläche erinnert es wirklich ein wenig an einen Blumentopf (ein sehr schöner Blumentopf). Die seidig-raue Oberfläche kommt meiner Meinung nach auch dem Anthrazit sehr zu gute; dadurch ist die Oberfläche nicht einfach nur dunkel sondern wirkt ein wenig aufgelockerter. Mir haben die nuWaves beim genaueren Ansehen immer besser gefallen.
Die nuWave10 und die nuLine100 und sogar die nuLine120 wirken zierlicher als ich erwartet habe. Bei den kleinen nuWaves und nuLines liegt das sicherlich auch an der schmalen Front.
Grober Vergleich zu Boxen anderer Hersteller:
Aufgrund des zeitlichen Abstandes und der sehr verschiedenen Hörbedingungen kann ich hierzu natürlich nur ganz grob was sagen. Ggf. müsste ich hier nochmals im engeren Kreis direkt vergleichen. Recht gut gefallen hat mir ja die Elac 207.2, bei der ich jedoch fast ein wenig Dynamik und Spielfreude vermisst habe, die ich bei den nuWaves gefunden habe. Im Hochtonbereich meine ich im Gedächtnis zu haben, dass der Elac-Jet-Hochtöner etwas feiner und höher auflösend zu Werke geht. Das und was letztendlich ausgewogener klingt, müsste jedoch auf jeden Fall in einem näheren Vergleich abgeklärt werden! Die theoretischen Probleme, die bei einem Bändchenhochtöner auftreten können, sind ja ansonsten auch hier im Forum nachzulesen.
Die kompakten Dynaudio 52 habe ich etwas luftiger, räumlicher, "spielfreudiger" als die nuWave35 in Erinnerung. Auch hier könnte ich so nicht sagen, was letztendlich besser ist, bzw. was besser
gefällt. Die Dynaudios sind ein gutes Stück teurer als die nuWaves und bieten nicht die Möglichkeit der Ergänzung durch ein ABL.
Die kompakte Harbeth, die mir auch recht gut gefallen hat, ist mir mit 1500 EUR für das gebotene schlichtweg zu teuer. Hier würde ich einer nuWave auf jeden Fall den Vorzug geben.
Welche Boxen habe ich mir bei Nubert nun mitgenommen? Vorerst mal keine, obwohl es klasse Boxen sind und meinen Hörvortellungen sehr entgegenkommen. Ich muss einfach noch ein wenig in mich gehen und mir die verschiedenen Optionen und Vorgehensweisen nochmals genau überlegen. nuWave35+ABL auf Ständern? Das entspricht finanziell der nuWave85, die aber wegen der Höhe problematisch ist. Oder dann doch eher die nuWave10, die in entsprechenden Räumen im Mittelton- und Tieftonbereich mehr zupackt als eine nuWave35? Mit welcher Box fange ich an (Einfluss des Hörraumes...)? ...
Vor allem habe ich aber bei der ganzen Vergleichshörerei in letzter Zeit bemerkt, dass meine 15 Jahre alten Mivoc 220S (s.u. die schwarzen) gar nicht so schlecht sind und für den damaligen Preis tatsächlich ein Schnäppchen waren, sodass ich mir überlegen muss, ob ich nicht doch wesentlich mehr Geld investieren muss, um diese
eindeutig zu überflügeln und ob es in diesem Sinne nicht sinnvoller ist, die Investition noch ein wenig zu verschieben und mich zwischenzeitlich lieber mit ein paar guten CDs zu trösten

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