boomer hat geschrieben: Doc hat geschrieben:
Aber bitte, ich lasse mich gerne eines besseren belehren und korrigiere auch gerne mein Weltbild. Denn schließlich bin ich Wissenschaftler.
Welche Fachrichtung wenn ich fragen darf?
Wiwi
- genauer BWLer -
boomer hat geschrieben: Doc hat geschrieben:Auf welche "Grenzen" beziehst du dich? Und welchen "Tellerrand" meinst du?
Erkenntnisgrenzen! Schon mal gehört?
Nee, den Begriff habe ich noch nicht wirklich gehört. Der scheint für meine Forschungen nicht so relevant zu sein. Was den Begriff "Erkenntnis" betriffst wirst du vermutlich auch eher eine philosophisch geprägte Definition verwenden - die ist für mich irrelevant. Ich stütze mich in meiner Forschung auf die (eher biologisch basierten) der kognitiven Psychologie. Also könnten wir wahrscheinlich noch 100 Jahren aneinander vorbei reden.
Mag sein, dass wir in 100 Jahren noch aneinander vorbei reden würde - aber du willst mir doch nicht erzählen, dass du (vermutlich als Psychologe oder Biologe) noch nie etwas davon gehört hast!? Gerade als Wissenschaftler sollte man doch wissen, in welchen Dimensionen man sich bewegt! Sorry, aber da waren die "Alten" noch "breiter aufgestellt" während mir heute die Unis schon fast so vorkommen, als würde "industriell" Wissen produziert!.
Da sollen die "Alten" erst mal nachmachen, was ich mir schon alles in den Kopf geprügelt habe. Neben der BWL das Vordiplom in Physik sowie diverse Scheine in Pyschologie, Soziologie (*kotz*), Mathematik, Informatik, Chemie und Kulturwissenschaft (gibt es den FB Kulturwissenschaft überhaupt...*grübel, grübel*... ich meine jedenfalls eine Vorlesung über "Griechische Mythologie" - oder fällt das sogar unter Ethnologie?).
Philosophie allerdings nicht.
Was ich von den Philsophen (so die ganz Alten bis Kant) über den Begriff Erkenntnis gelesen habe, passt mir jedenfalls nicht. Eine in meinen Augen zu enge Verbindung der Erkenntnis mit dem Begriff "Wahrheit". Also von dem "objektiven und subjektiven Führwahrhalten" als Voraussetzung für Erkenntnis halte ich nichts. Sorry, die Philosophen stehen zwar auf großen Säulen, aber da kann ich ihnen trotzdem nicht zustimmen. Für meine pragmatischen Ziele beschränke ich die Voraussetzung für Erkenntnis eher auf eine hohe subjektive Wahrheitsvermutung. Nein, das ist zu verkürzt. So verkürzt, dass es falsch ist - aber so ungefähr die Richtung. Allerdings rede ich normalerweise auch nur von "Wissen" und nicht von "Erkenntnis", so düfte ich dem härtesten Feuer von Seiten der Philosophen entgehen können.
boomer hat geschrieben: Genau hier liegt vermutlich ein Problem! Heute interessiert fast nur noch, was ökonomisch zu verwerten ist, oder zumindet in einer Vorstufe einen Beitrag dazu leistet. In der praktischen Umsetztung (vom Management her betrachtet) kann man aber nur Ideen einsetzten, die man nachvollziehen (nachrechnen) kann. Geht es in die Hose kann man immer noch sagen, dass der Prof./Dr. xyz aber so und so gerechnet hat, die Unternehmensberatung abc aber zu diesem Ergebnis gekommen ist usw. Die Verantwortung kann bei "harten" Fakten viel leichter delegiert werden, wie bei "weichen Wissen"!
Leider wird in den höheren Management Ebenen kaum noch gerechnet sondern eher aus dem Bauch entscheiden - das ist ja gerade der Grund, warum es in vielen Unternehmen bergab geht...
boomer hat geschrieben:Gerade in Fächern die im Grunde stark politisch geprägt sind (z.B. WiWi) wird immer wieder verschwiegen, dass die Grundannahmen stark "glaubensbedingt" sind. Dass man, wenn man die Annahmen erst mal gemacht hat, dann richtig rechnet, wird wohl nicht angezweifelt werden müssen. Hier wird aber so getan, als sei etwas berechenbar und wissenschaftlich belegbar (z.B. ein Systemgedanke) der es im Grunde gar nicht ist. Dadurch wird (wissenschaftlich als auch politisch/gesellschaftlich) gar nicht mehr über Alternativen nachgedacht. In dies wirklich die objektive Wissenschaft?
A)
Die WiWi sind nicht politisch geprägt - Beweis: BWL = Teilmenge der WiWi, da BWL nicht politisch geprägt (was jeder weiß, der sich mit dem Fach beschäftigt hat) folgt: die WiWi sind nicht politisch gepägt. q.e.d.
B1)
Die Grundannahmen der WiWi haben nichts mit Religion zu tun (oder was meinst du mit "glaubensbedingt") - Beweis: BWL = Teilmenge der WiWi, da BWL nichts mit Religion zu tun hat (was jeder weiß, der sich mit dem Fach beschäftigt hat) folgt: die WiWi hat nichts mit Religion zu tun. q.e.d.
B2) Falls mit "glaubensbedingt" jedoch gemeint ist, dass für ein formuliertes Modell auch ein genauer Wirkungsbereich (Prämissen...) angegeben wird.... so what, das nenne ich sauberes arbeiten! Dass die Modelle nicht 100%-ig auf die Realität übertragbar sind, weiß auch jeder - sonst wäre das Modell ja auch kein Modell, wenn es nicht abstrahiert wäre. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass man z.B. bei der Planung einer simultanen Produktions- und Finazierungsplanung mit einem abstrakten Modell besser fährt, als wenn man würfeln würde.
Und dass man in einem sozio-technischem System nicht Vorhersagen in der gleichen Qualität liefern kann, wie in einem vollkommen determinierten physikalischen System ist auch nichts Neues - und wird meines Wissen auch von keinem BWLer behauptet.
So what? Sobald ein Philosoph meinen Job besser machen würde als ich, würde ich mich gerne von ihm ausbilden lassen, damit ich auch so gut wie er werde.
boomer hat geschrieben:
Im Grunde ist es genau anders herum: Die Naturwissenschaften schauen sich die Natur und deren Regeln genau an - gibt es aber alles schon. Neu daran ist, dass wir es verstehen und ggf. selbst anwenden können. Die Dinge funktionieren aber auch ohne unser Verständnis. Ein Stein fällt auch nach unten und wenn es nur Affen geben würde.
Sorry, das ist jetzt eine Steilvorlage, die ich nutzen muss. Wenn es nur Affen geben würde, würde ebend kein Stein vom Baum fallen, da der Affe weder weiß was mit dem Wort "Stein" noch mit dem Wort "Baum" gemeint ist
Das nenne ich die A...... Rethorik
- die habe ich bei den Soziologen gelernt. Lustigerweise geht die auf einen Philosophen zurück - äh.... - er fing mit "S" an... entweder war es Sophocles oder Socrates - ich bringe die zwei Namen grundsätzlich durcheinander...
...ich glaube, es war Sophocles.
boomer hat geschrieben: In der Philosophie werden aber schon neue "Ideen" geboren (wurden geboren!), die es vorher so noch nicht gegeben hat. Ich kann Steine umdrehen und graben wie ich will, ein Elektronenmikroskop anwerfen usw. aber Werte wie Demokatie, Freiheit usw. werde ich nicht finden. Diese entstpringen dem menschlichen Geist, da gibt es nichts auszurechnen oder zu beweisen! Und in einer Welt von Affen gäbe es dies nicht ...
Auch wenn ich mir es jetzt vollends verderbe (das habe ich in der Industrie gelernt, man kann nicht everybodys darling sein): aber die Philosphen beobachten genauso wie die Physiker Dinge die es schon gibt. Wenn der Philosoph ein Konzept der "Demokratie" entwickelt, dann steckte dieses Konzept schon in der Natur des Menschen/der Kultur drin und musste von ihm nur ausgegraben werden.
Der Vergleich mit der Welt der Affen ist übrigens absurd - denn wenn es nur Affen gäbe, gäbe es auch keine Physik. Ich würde sogar behaupten, die Affen würden es eher schaffen die Demokratie zu entwickeln als ein Elektronenmikroskop. Weil letztendlich ist die Demokratie nur eine Menge von Verhaltensnormen - und nach Normen kann sich jeder Affe verhalten.
boomer hat geschrieben: Zudem müssen wir uns überlegen, wie wir die immer noch knappen Recourcen bei steigenden Möglichkeiten nutzen - und dabei helfen Naturwissenschaften wenig!
Naja, für die beste Nutzung der knappen Ressourcen wurde ja die BWL geboren.
Nein, ich stimme dir zu, dass man die Ziele diskutieren sollte, die man verfolgt. Manch Einen mag es verwundern, aber die BWL hat keine eigenen Ziele und fördert auch keine bestimmten Ziele in Unternehmen. Sie setzt erst da auf, wo Ziele festgelegt wurden und versucht dann, diese Ziele unter Verwendung möglichst weniger Ressourcen zu erreichen. Und darin sind wir gut - die Besten!
Habe ich es nicht schon wenige Tage nach der Tsunami Katastrophe im Forum gesagt, dass ich dort eher ein logistisches als ein finanzielles Problem sehe? Und gestern in den Nachrichten: die Hilfsorganisationen treten sich auf die Füße, allerlei Organisationen blockieren und die Opfer fangen langsam wieder an zu hungern. Das wäre ein klassisches BWL Problem gewesen. Ziel: Flutopfern helfen, Nebenbedingung: Budget... und auf gehts (Planen, Rechnen, Simulieren und MACHEN)! Aber was läuft da jetzt, es wird nur rumgeeiert.
boomer hat geschrieben: Meiner Meinung nach ist die Ethik und die gesellschaftliche Diskussion heute notwendiger den je, denn wir können immer mehr in die Abläufe eingreifen.
Volle Zustimmung.
Wir BWLer können uns ja nicht um alles kümmern
die Ziele (Grundwerte und Ethik) sollte man schon mit der
gesamten Gesellschaft festlegen.
-Stefan
P.S.: Boah ey - so viel habe ich geschrieben. Da ich mein eigenes Gecshreibsel noch nie ausstehen konnte, verzichte ich darauf, es noch einmal durchzulesen. Sollte da oben irgendein Unsinn stehen: einfach ignoriren - dichterische Freiheit.
P.P.S.: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.